Berlin. Die Scharlachwelle in Deutschland lässt nicht nach. Wer erkennen will, ob sein Kind infiziert ist, kann auf bestimmte Details achten.

Das für die Beobachtung von Krankheiten zuständige Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin verzeichnet weiterhin eine Vielzahl bakterieller Infektionen bei Kindern. Vor allem die durch Streptokokken verursachte Scharlacherkrankung sei seit Dezember weit verbreitet. Experten zufolge hat das wohl auch mit der Corona-Pandemie zu tun.

Scharlach ist keine meldepflichtige Erkrankung, exakte Zahlen gibt es nicht. Trotzdem: Das RKI zeichnet das Krankheitsgeschehen grob nach. Grundlage dafür sind Meldungen des Nationalen Referenzzentrums für Streptokokken.

Den Beginn der Krankheitswelle verzeichnet das RKI demnach für Ende November, Anfang Dezember. Dann sei die Welle leicht abgeflacht, im Verlauf des Januars aber wieder angestiegen. Im Dezember hatte auch die europäische Gesundheitsbehörde ECDC und die Weltgesundheitsorganisation WHO Eltern, Ärztinnen und Ärzte zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen.

Scharlach: Wie ist die aktuelle Welle zu erklären?

Beobachtungen des Berufsverbands für Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) stützen dieses Bild. „Allerdings laufen die Erkrankungswellen nicht in allen Regionen Deutschlands in derselben Intensität ab“, teilt Verbandssprecherin und Kinderärztin Tanja Brunnert auf Anfrage mit. In Südniedersachsen beispielsweise sei die Welle später angekommen als etwa im Münsterland. Erst für April rechnet der BVKJ mit einer Entspannung.

„Der beobachtete starke Anstieg könnte durch die gleichzeitige weite Verbreitung von Atemwegsviren begünstigt worden sein, die auch das Risiko von invasiven bakteriellen Infektionen erhöhen können“, schreibt das RKI. Lesen Sie auch: RS-Virus: So gefährlich ist eine Infektion für Kleinkinder

Der BVKJ begründet die Welle auch mit den Corona-Schutzmaßnahmen. Seit Ende Januar 2020 seien viele Krankheiten nicht oder weniger durchgemacht worden. Dadurch ergebe sich offenbar jetzt ein gewisser Nachholeffekt. „Wir sahen in der Pandemie anders verlaufende Infektionswellen. Dies wird sich mit deren Ende in Zukunft hoffentlich wieder dem Niveau vor der Pandemie anpassen“, so Brunnert. Der Ärztin zufolge sollten diese Phänomene aber wissenschaftlich aufgearbeitet werden. „Hier muss auch über Folgen von Infekten nach einer zeitlich langen Isolation geforscht werden.“

Scharlach: Vor allem Kinder unter 15 Jahren sind betroffen

Eine Scharlacherkrankung geht bei Kindern nicht nur mit Bauchweh einher, sondern auch mit Hautausschlägen.
Eine Scharlacherkrankung geht bei Kindern nicht nur mit Bauchweh einher, sondern auch mit Hautausschlägen. © dpa-tmn | Christin Klose

Streptokokken sind Bakterien, die verschiedene Krankheiten auslösen, etwa Mittelohr-, Rachen-, Nasennebenhöhlen-, oder Mandelentzündungen – aber auch Scharlach. Laut RKI sind besonders Kinder unter 15 Jahren betroffen, aktuell aber auch viele Menschen im Alter von 25 bis 45. Durch einen Rachenabstrich samt Analyse können Streptokokken nachgewiesen werden.

„Scharlach ist eine der häufigsten bakteriellen Infektionskrankheiten bei Kindern“, erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die Scharlach-Bakterien, sogenannte A-Streptokokken, kämen weltweit vor und verursachten meist eine fiebrige Halsentzündung und – nach ein bis zwei Tagen – einen juckenden Hautausschlag. Dieser breite sich sich über die Achseln, den Brustkorb und die Leisten unter Aussparung der Handinnenflächen und Fußsohlen auf den ganzen Körper aus.

Typisch für eine Scharlach-Erkrankung ist laut BZgA auch die sogenannte Himbeerzunge: „Zuerst ist die Zunge weiß belegt, nach einigen Tagen rötet sie sich.“ Bei Kindern geht Scharlach häufig auch mit Bauchbeschwerden und Erbrechen einher.

Scharlach: So wird die Erkrankung übertragen

Scharlach ist hoch ansteckend. Daher tritt die Erkrankung gehäuft in Kitas und Schulen auf. „Meist befinden sich die Erreger im Rachenraum. Beim Sprechen, Husten oder Niesen gelangen diese über feinste Speichel-Tröpfchen in die Luft und setzen sich beim Einatmen an der Schleimhaut von Kontaktpersonen fest“, erklärt die BZgA. Eher selten sei eine Schmierinfektion über gemeinsam benutzte Gegenstände. Da eine Immunität immer nur gegen das bei der abgelaufenen Infektion vorherrschende Toxin erzeugt wird, sind mehrfache Ansteckungen möglich. Lesen Sie auch: Viren überall: Wie Sie Ihr Abwehrsystem jetzt stärken können

Eine Halsentzündung mit Fieber und Hautausschlag sollte immer ärztlich abgeklärt werden, rät Tanja Brunnert. „Wir Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte unterscheiden zwischen Scharlach und einer Streptokokkenerkrankung des Rachens und der Mandeln. In Abhängigkeit vom Alter des Kindes und der Gesamtschau der Sypmptome entscheiden wir, ob eine antibiotische Behandlung notwendig und sinnvoll ist.“

Scharlach: So sind Diagnose und Behandlung

Wird Scharlach mit Antibiotika behandelt, besteht laut BZgA schon 24 Stunden nach der ersten Einnahme keine Ansteckungsgefahr mehr. „Ohne Antibiotika-Therapie sind Erkrankte bis zu drei Wochen nach den ersten Beschwerden ansteckend“, erklärt die Bundeszentrale. Eine Impfung gegen Scharlach ist nicht verfügbar.

Mögliche Komplikationen von Scharlach sind laut BZgA Entzündungen des Mittelohres, der Nebenhöhlen und der Lunge. Eher seltene, aber eine gefürchtete Spätfolge sei das akute rheumatische Fieber mit Entzündungen der großen Gelenke wie Knie, Herz oder Nieren. Hierbei können bleibende Schäden entstehen.

„Komplikationen werden häufiger beobachtet, wenn Scharlach nicht mit Antibiotika behandelt wurde oder die Antibiotika-Therapie vorzeitig abgebrochen wird“, so die BZgA. „Die Folgeerkrankungen von Scharlach treten in den westlichen Industrieländern nur noch sehr selten auf“, sagt Tanja Brunnert. „Diese Angst können wir den Eltern in aller Regel nehmen.“

Wichtig zu wissen: Leiterinnen und Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen, also Kita etwa oder Schulen, haben gemäß Infektionsschutzgesetz die Pflicht, das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich zu benachrichtigen, wenn in ihrer Einrichtung betreute oder betreuende Personen an Scharlach erkrankt oder dessen verdächtig sind. Infizierte Personen dürfen laut Gesetz keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben und die Einrichtungen auch nicht mehr betreten.