Berlin. Handys und Tablets gehören meist schon für Erstklässler zum Alltag. Wann ist aber das passende Alter für das erste Gerät? Ein Kompass.

Das brandneue Smartphone, ein schickes Tablet, Kopfhörer oder die smarte Uhr mit schlauen Alltagsfunktionen: Technikneuheiten stehen auf dem Weihnachtswunschzettel der meisten Erwachsenen weit oben. Leben Kinder mit im Haushalt, bekommen sie meist schon von klein auf hautnah mit, wie Mama und Papa immer wieder am Smartphone kleben, auf dem Tablet wischen und Filme streamen.

Schon 98 Prozent der Kinder und Jugendlichen ab sechs Jahren nutzen heute ein Smartphone oder Tablet – fast jedes Erstklässlerkind. Das ergab die „Kinder- & Jugendstudie 2022“ des Digitalverbands Bitkom vergangenen Juni. Sehr wahrscheinlich also, dass bei zahlreichen Eltern in diesem Jahr auf dem vom Nachwuchs verfassten Wunschzettel zum ersten Mal ein Handy, Tablet oder ein anderes Technik-Gadget steht. Gern mit dem nachdrücklichen Hinweis, dass der Kumpel oder die Freundin aus der Klasse ja auch schon so was hat.

Aber ab welchem Alter sollten Kinder überhaupt schon mit Smartphone und Co. hantieren, wie können Eltern den unerfahrenen Nachwuchs an Apps und Gefahren im Netz heranführen – und wann ist es Zeit für das erste eigene Gerät? Eine Orientierungshilfe.

Technik fürs Kind: Was ist das richtige Alter?

Gleichwohl sich Eltern vielleicht gern bewährte Faustregeln oder gar klare Alterstabellen wünschen würden: Pauschal lässt sich all das aus Sicht von Medienpädagogen nicht beantworten. „Das ist abhängig vom Kind und der Frage, wie ist ein Kind entwickelt und welches Interesse für Technik bringt es überhaupt mit“, sagt Kristin Langer. Als Mediencoach der Initiative „Schau Hin!“ berät Langer Familien bei der Medienerziehung.

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Es gebe durchaus Klein- und Grundschulkinder, die an technischen Dingen noch gar kein Interesse hätten, sagt Langer. „Meine Empfehlung an Eltern: Warten Sie so lange, bis die Kinder von selbst kommen.“ Sei es über den Wunschzettel oder das Sprechen über technische Wünsche.

„Auch wenn wir als Eltern denken, dass wir Kinder auf die digitale Welt vorbereiten wollen, machen wir es am besten, wenn wir dafür den richtigen Zeitpunkt wählen“, stellt die Medienpädagogin klar. „Wir müssen das Kind da nicht stupsen, nur weil wir es schön fänden, mit dem Kind am Tablet zu sitzen.“ Lesen Sie auch: Schulen hängen bei Digital-Kompetenz weit hinterher

Handy und Tablet schenken: Bei Kleinkindern mit Musikboxen anfangen

Was aber, wenn es zu Weihnachten vielleicht doch ein Geschenk aus der Technikecke sein soll? Dann sollten Eltern insbesondere bei Kleinkindern aus Expertensicht die Abteilung mit den Smartphones und Tablets lieber noch links liegen lassen und nach altersgerechten Alternativen stöbern.

Bei Drei- bis Sechsjährigen würde Kristin Langer Mütter oder Väter eher in den Hörbereich der Technikhändler lotsen. „Was gibt es dort vielleicht für Musikboxen, die sich für Kinder eignen und die sie allein bedienen können?“ Beim Kauf sollten Eltern darauf achten, dass das Musikabspielgerät nicht von vornherein oder zwingend mit dem Internet verbunden ist. „Dann sind die Kinder zu Hause auch auf diesem Wege geschützt.“

Bei der Toniebox werden nicht CDs oder Kassetten eingelegt, sondern Figuren mit Speichermedien genutzt.
Bei der Toniebox werden nicht CDs oder Kassetten eingelegt, sondern Figuren mit Speichermedien genutzt. © Hersteller | Hersteller

Stiftung Warentest bewertete Ende 2019 von 13 Kinder­musik­spielern nur ein Gerät als „gut“ (Winzki Hörbert, Note 1,8, rund 240 Euro). Der Bestseller Toniebox bekam nur die Note 3,0. Viele Modelle wurden aufgrund nicht kindgerechter Lautstärke abgewertet. Auch interessant: Fake News – So schützen Eltern ihre Kinder im Netz

Kinder bis 8 Jahre: Smartphone und Tablet als Familiengerät

Bei Kindern bis etwa acht Jahren empfiehlt „Schau Hin!“, zunächst in der Familie vorhandene Technik gemeinsam zu nutzen. Smartphone, Tablet oder Laptop mit ihren Apps, Möglichkeiten und Stolperfallen im Internet seien ohne Begleitung in diesem Alter noch zu komplex. Guter Nebeneffekt beim Familiengerät: „Ich muss mich bei Nutzungszeiten mit den anderen absprechen, Eltern sind bei Fragen in der Nähe“, sagt Langer. „Je jünger mein Kind, desto risikobehafteter ist die Gerätenutzung in der digitalen Welt.“

Von bunten Spielzeug-Lernhandys aus dem Handel würde Langer klar abraten. „Digitale Geräte sind kein Spielzeug, sondern technische Hilfsmittel, die wir sinnhaft in den Alltag einbauen wollen.“ Auch interessant: Google stellt erste Pixel Watch und Pixel-7-Handys vor

Die Finger lassen sollten Eltern nach Ansicht von Familienpädagogen auch von Uhren und Apps mit Trackingfunktion, mit denen sich das Kind theoretisch zu jeder Zeit aus der Ferne orten lässt. Das vermittle falsche Sicherheit und der Nachwuchs fühle sich überwacht, warnt auch Langer. Sinnvoller sei es, Absprachen mit dem Kind einzuüben und ein „soziales Sicherheitsnetz“ aus Familie, Freunden und Nachbarn zu bilden, um die Sicherheit auf dem Schulweg zu erhöhen.

Smartphones und andere internetfähige Geräte sollten laut Experten am Anfang als Familiengerät genutzt werden.
Smartphones und andere internetfähige Geräte sollten laut Experten am Anfang als Familiengerät genutzt werden. © iStock | istock

Erstes Handy fürs Kind: Wie teuer darf es sein?

Beim ersten eigenen Handy, Smartphone, Tablet oder späteren Laptop fürs Kind muss es kein teures Luxusmodell sein, betont Langer. Das Gerät muss schließlich im Schulalltag einiges aushalten und kann auch mal verloren gehen. „Für Kinder bedeutet das Stress“, erklärt die Expertin. Dem Druck, dass Smartphones längst auch unter Kindern als Statussymbol gelten, sollten Eltern selbstbewusst begegnen. Und besser eigene Werte weitergeben, als sich Konsumzwängen zu beugen. Eine günstigere Möglichkeit sind etwa generalüberholte Smartphones.

Geschickt findet Langer es, dem Nachwuchs zum heiß ersehnten Technik-Gadget erst mal einen Zuschuss zu schenken. „Die Vorfreude macht das Gerät auch wertiger.“ Statt einem Handy im Vertrag bietet sich eine Prepaidkarte an. So lernen Kinder die mit der Nutzung verbundenen Kosten einzuschätzen. Lesen Sie auch: Smartphone kaufen – Günstiger mit oder ohne Vertrag?

Ab 10 Jahren Mehrheit mit eigenem Smartphone

Der Besitz eines eigenen Smartphones steigt mit dem Alter rasant an: Während gut ein Fünftel (21 Prozent) der 6- bis 9-Jährigen ein eigenes Handy besitzt, sind es bei den 10- bis 12-Jährigen bereits 86 Prozent, unter den 13- bis 15-Jährigen sogar 95 Prozent. Das ergab eine repräsentative Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom von Juni, für die mehr als 900 Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren befragt wurden (bei den jüngeren im Beisein der Eltern). Auch interessant: Digitale Lehrer – Kommt künstliche Intelligenz im Unterricht?

„Kinder und Jugendliche wachsen wie selbstverständlich mit Smartphone und Internet auf“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder laut Mitteilung. „Sie müssen frühzeitig begleitet und angeleitet werden, damit sie sich handlungssicher und selbstbestimmt in der digitalen Welt bewegen können.“ Lesen Sie auch: TikTok – So funktioniert die beliebte Social-Media-Plattform

Neue Technik vor Nutzung altersgerecht einrichten

Das unterstreichen auch Pädagogik-Fachleute wie Kristin Langer. Eine wichtige Empfehlung lautet: Neue Geräte vor der Nutzung altersgerecht und sicher einstellen. Etwa den Internetzugang und In-App-Käufe einschränken oder Altersfilter für Inhaltsangebote einrichten. Langers Plädoyer an die Eltern: „Begleiten Sie Ihr Kind möglichst nahe und bereiten Sie es mit Gesprächen und Vertrauensvereinbarungen vor, damit es später eigenverantwortlich handeln kann.“