Berlin. Auch die Todesurteile schrecken die Iranerinnen nicht ab, sie wollen das Kopftuch nicht tragen. Das macht Mut, findet unsere Autorin.

Es ist heiß im Iran, sehr heiß. Das Land stöhnt unter einer beispiellosen Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 50 Grad. Die Regierung verordnete Hitzefrei. Die Extremwetterlage hat den Kampf der Iranerinnen und Iraner gegen das Mullah-Regime aus den Schlagzeilen verdrängt. Doch er ist nicht vorbei.

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Seit dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini, die vor fast einem Jahr von der iranischen Sittenpolizei festgenommen worden war, weil ihr Kopftuch ihr Haar nicht vollständig bedeckte, ist nichts mehr, wie es war. Und die Zeit lässt sich auch nicht zurückdrehen. Selbst wenn es gerade keine Demonstrationen mehr gibt und die Rufe von den Balkonen nachgelassen haben – vor allem die jungen Frauen wollen sich nicht mehr unterordnen und bevormunden lassen.

Viele Frauen setzen das Kopftuch einfach nicht mehr auf

Nicht einmal die Rückkehr der Sittenwächter, deren Einheiten das Regime noch im vergangenen Jahr aufgelöst hatte, um die Proteste zu beruhigen, macht ihnen noch Angst. Ein großer Teil der iranischen Frauen und Mädchen setzt das verhasste Kopftuch einfach nicht mehr auf. Der unbändige Wunsch, frei leben zu können und gleichberechtigt anerkannt zu werden als Frau in der Gesellschaft, hat großen Mut freigesetzt. Nicht einmal die vielen Todesurteile schrecken sie ab. Ganz im Gegenteil.

Politik-Korrespondentin Gudrun Büscher
Politik-Korrespondentin Gudrun Büscher © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Die Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elaheh Mohammadi, die über den Tod von Jina Mahsa Amini berichtet hatten, warten auf ihr Urteil. Sie sei stolz auf ihre Arbeit als Journalistin, hat Hamedi gesagt. Die beiden sind nicht nur den Iranerinnen ein Vorbild, sondern machen vielen Kolleginnen und Kollegen Mut. Jetzt brauchen sie weltweit Unterstützung.

Es mag still geworden sein im Iran, aber die Ruhe trügt.

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