Berlin. Die Serie der Pleiten setzt sich für die FDP fort. Bei der Berlin-Wahl verpasst sie nach ersten Prognosen den Einzug in das Parlament.

„Selbstverständlich“ habe das Ergebnis Folgen für die Bundesebene, kündigt Bijan Djir-Sarai an. Der FDP-Generalsekretär musste am Sonntagabend erläutern, was das Wahlresultat in der Hauptstadt für seine Partei bedeutet. Keine leichte Aufgabe.

Nachdem bereits alle vier Landtagswahlen im vergangenen Jahr für die FDP in Katastrophen unterschiedlichen Ausmaßes endeten, setzte sich die Pleitenserie in Berlin fort. Die freien Demokraten büßten abermals an Zuspruch ein und mussten nach der Schließung der Wahllokale um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Lesen Sie dazu den Kommentar: Schluss mit Weiterwursteln: Berlin braucht einen Neuanfang

Für die FDP blieb daher erneut die Erkenntnis: Das Regieren in der Ampel tut der Partei nicht gut. Parteichef Christian Lindner hatte schon nach der letzten Wahlpleite versprochen, die Positionen der FDP im Ampel-Bündnis stärker durchsetzen zu wollen. Die Stimme der FDP müsse innerhalb der Koalition „noch deutlicher“ zu hören sein, wiederholte Djir-Sarai nun. Als Beispiel nannte er den Streit mit den Grünen um das beste Rezept für den Bau von Brücken, Bahntrassen und Autobahnen.

Berlin-Wahl: Bundes-SPD frustriert

Das Hauptstadt-Ergebnis lässt sich kaum als Quittung für den Ampel-Krach um den Ausbau der bundesweiten Infrastruktur oder für den Kurs von Kanzler Olaf Scholz in der Ukraine-Politik deuten. Zu präsent waren im Wahlkampf Berliner Themen wie Verkehrspolitik, fehlende Wohnungen und die chaotische Verwaltung. Aus Sicht der Kanzlerpartei SPD ist es eine entscheidende Frage, ob das Regieren in der Koalition durch die Berliner Wahl noch schwieriger wird. Lesen Sie auch: Berlin-Wahl: CDU triumphiert – aber regiert sie auch?

Am Wahlabend waren die Sozialdemokraten aber zunächst mit ihrer eigenen Enttäuschung beschäftigt. „Frust“, analysierte SPD-Chef Lars Klingbeil bei den Hauptstädtern. „Wir sehen, wie groß der Veränderungsbedarf in Berlin ist.“ Dass diese Stimmung in erster Linie und so stark die SPD und Regierungschefin Franziska Giffey traf, war in der sozialdemokratischen Parteizentrale nicht erwartet worden. Das Wahljahr 2023 beginnt für die SPD also mit einer nicht eingeplanten Enttäuschung.

Berlin-Wahl: Die Grünen geben sich zufrieden

Aus dem Ampel-Bündnis waren nur die Grünen zufrieden mit dem Wahlergebnis. Besonders, wenn sie am Ende in Berlin vielleicht sogar die Regierung anführen sollten. „Ein starkes Ergebnis“ und einen „starken Auftrag“ für grüne Politik erkannte Parteichefin Ricarda Lang allemal darin. Grünes Selbstbewusstsein trifft nun auf eine unter Druck stehende FDP – der Kanzler dürfte in den kommenden Monaten oft als Vermittler gefragt sein. Das Wahlergebnis könnte zudem die Machtverhältnisse im Bundesrat zu Ungunsten der Ampel verändern.

CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner feiert einen deutlichen Wahlerfolg.
CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner feiert einen deutlichen Wahlerfolg. © AFP | ODD ANDERSEN

Dafür müsste es aber die CDU schaffen, die Macht in der Hauptstadt zu übernehmen. Sonst bliebe der Erfolg auch für den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und die Bundespartei ein Wahlsieg ohne großen Wert. Zwar herrschte am Wahlabend Euphorie: Die CDU war als Großstadtpartei schließlich schon abgeschrieben – und jetzt das! Nicht nur ein Wahlsieg in der hippen Metropole – sondern ein besonders deutlicher.

„Berlin hat eine neue Regierungsoption“, freute sich CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Doch hat sie das? Zwar sprach der CDU-Generalsekretär SPD und Grünen die Berechtigung zur Regierungsbildung ab. Sowohl Kevin Kühnert als auch Grünen-Bundesgeschäftsführerin Emily Büning schlossen am Wahlabend jedoch ausdrücklich eine Neuauflage ihres Bündnisses mit der Linken trotz des CDU-Wahlsiegs nicht aus.

CDU: Es fehlt der Partei an Partnern

Das Problem der fehlenden Partner stellt sich der CDU in Berlin ganz besonders, beschäftigt Merz und seine Partei aber über die Hauptstadt hinaus: Die SPD hat eine anhaltende Groko-Aversion entwickelt, die FDP schrumpft seit ihrer Beteiligung an der Ampelkoalition auch in den Ländern aus der Rolle des mehrheitsbeschaffenden Koalitionspartners heraus. CDU und Grüne sind mancherorts politisch zu weit auseinander, und die AfD ist der CDU zumindest bislang zu rechts, um als Bündnispartner infrage zu kommen.

Die aufgrund von Flügelkämpfen und schwindendem Wählerinteresse um ihre Rolle als maßgebliche Kraft im Parteiensystem kämpfende Linke bekommt durch das Ergebnis in Berlin eine Atempause. „Angesichts der Gesamtlage ist das für uns ein sehr gutes Ergebnis“, sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Für die AfD gilt weiterhin: Wo Unzufriedenheit mit den regierenden Parteien herrscht, profitiert die Partei.

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