Berlin. 2022 fallen viele Feiertage auf ein Wochenende. Politiker wollen, dass sie nachgeholt werden. In anderen Staaten geht das längst.

Ein Blick in den Feiertagskalender zeigt es: Frei haben die Arbeitnehmerinnen und -nehmer in Deutschland dieses Jahr vor allem am Wochenende. Neujahr war ein Samstag, der 1. Mai ist ein Sonntag und Weihnachten fällt ebenfalls auf den siebten Tag der Woche.

Damit steht 2022 zwar besser da als 2021, in dem satte vier Feiertage an einem Wochenende abgefeiert werden mussten – das Problem bleibt aber: Die Menschen haben weniger Zeit für Erholung, Familie und die schönen Seiten des Lebens. Das wollen Politiker und Politikerinnen ändern.

Feiertage nachholen: Weniger Stress, mehr Erholung

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post": "Jeder verlorene Feiertag bedeutet mehr Stress und weniger dringend benötigte Erholung von den Belastungen durch die Arbeit und die Pandemie." Die Linke werde parlamentarisch tätig werden, "damit künftig keine Feiertage mehr ausfallen".

Die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Beate Müller-Gemmeke, sagte der Zeitung, es sei jetzt an der Zeit, gesellschaftlich darüber zu diskutieren, dass Feiertage, die auf einen Sonntag fallen, nachgeholt werden können, wie dies bereits in einer ganzen Reihe von Ländern der Fall sei.

Feiertage nachholen: Was dafür und dagegen spricht

In der Debatte um Nachholen von Feiertagen tauschen Befürworterinnen und Gegner meist mehrere Argumente aus.

  • Auf der einen Seite würden Menschen mehr Zeit haben,
  • weniger Überstunden würden angesammelt,
  • Feiertagszuschläge gezahlt
  • und der Konsum in Branchen wie Kultur, Freizeit und Gastronomie angekurbelt.

Allein im Jahr 2021 etwa leisteten die Arbeitnehmerinnen in Deutschland 818 Millionen bezahlte und 893 Millionen unbezahlte Überstunden. Würden mehr Feiertage nachgeholt werden, reduzierte sich diese Belastung.

  • Auf der anderen Seite wird weniger konsumiert, weil die Geschäfte an Feiertagen oft geschlossen haben.
  • Produktion und Handel laufen an mehr Tagen in der Woche und
  • mehr Arbeitstage haben einen spürbaren Einfluss auf die Konjunktur.

Im ersten Coronajahr 2020 etwa seien ganze 3,7 Tage oder 1,49 Prozent mehr gearbeitet worden als 2019, sagt Timo Wollmershäuser, Leiter der Konjunkturforschung am Münchner Ifo-Institut. "Das hat das BIP-Wachstum nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts um 0,37 Prozentpunkt höher ausfallen lassen."

Feiertage nachholen: Knappe Mehrheit in Deutschland dafür

Andere Staaten haben die Diskussion über Nachholen von Feiertagen längst geführt – und sich für die arbeitnehmerfreundliche Variante entschieden. Großbritannien, Irland und Spanien feiern an Werktagen nach, meist an einem Montag. In Belgien und Luxemburg müssen Arbeitgeber innerhalb von drei Monaten einen Ausgleichstag anbieten. In Australien wird ebenfalls nachgeholt.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Deutschland hat innerhalb der EU die kürzeste Jahresarbeitszeit und zusammen mit Dänemark die meisten freien Tage. "Belgien, Luxemburg und das Vereinigte Königreich kommen selbst mit den Nachhol-Feiertagen auf keine höheren Werte als Deutschland", sagt Arbeitszeitexperte Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft.

Und was sagen die in Deutschland lebenden Menschen? Eine Umfrage der Meinungsforschenden von YouGov ergab im vergangen Jahr, dass die Hälfte der Erwachsenen hierzulande gerne mehr Feiertage hätte und sich für das Nachholen an einem Montag aussprach. Rund ein Drittel wollte das nicht. (pcl/mit dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.