Berlin. Die Ampel-Regierung sorgt sich um deutsche Handynetze. Berlin verschärft nun die Gangart – und riskiert so neuen Krach mit Peking.

Die Bundesregierung sorgt sich um die Sicherheit der deutschen Mobilfunknetze und nimmt nun verstärkt die chinesischen Ausrüster Huawei und ZTE ins Visier. Wie in Berlin bekannt wurde, hat das Bundesinnenministerium von Ressortchefin Nancy Faeser (SPD) die heimischen Netzbetreiber aufgefordert, sämtliche sicherheitsrelevanten Teile, die bereits verbaut sind, einer Prüfung zu unterziehen.

Bislang mussten die drei Betreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica nur Komponenten, die sie neu einbauen, vertieft prüfen. Diese Pflicht wird jetzt erweitert. Es geht um Antennenmodule und Steuerungselemente. Aus dem Schreiben des Faeser-Ressorts an die Netzbetreiber geht hervor, dass das Ministerium eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Deutschland durch Huawei und ZTE für möglich hält.

Westliche Staaten befürchten seit geraumer Zeit, dass China Mobilfunk-Infrastruktur zur Spionage nutzen könnte, insbesondere im Zusammenhang mit dem neuen Mobilfunk-Standard 5G. Länder wie die USA, Kanada und Großbritannien haben Netztechnik von Huawei und ZTE bereits verbannt. Ein nachträgliches Verbot in Deutschland steht – anders als in Medienberichten kolportiert – offenbar zunächst nicht an.

Huawei und ZTE: Zur Zusammenarbeit mit Behörden verpflichtet

Beweise dafür, dass der chinesische Staat tatsächlich mithilfe von Mobilfunknetzen im großen Stil Daten in anderen Ländern abgreift, gibt es bislang nicht. Bei Huawei und ZTE handelt es sich um Privatfirmen. Sie sind nach chinesischem Recht aber zur Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden des Landes verpflichtet.

Das verschärfte Vorgehen der Berliner Ampelkoalition gegen die beiden Unternehmen dürfte das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Deutschland und China weiter belasten. Die chinesische Regierung veröffentlichte am späten Dienstagabend über ihre Botschaft in Berlin eine erste Stellungnahme zu den Vorgängen. Darin heißt es: „In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche von gewissen Ländern und anti-chinesischen Kräften, Huawei mit erfundenen Anschuldigungen zu verleumden, aber es gab nie Beweise für Sicherheitsrisiken“. Sollten sich Medienberichte über ein Verbot chinesischer 5G-Ausrüstung als wahr herausstellen, wäre man „sehr verwundert und sehr unzufrieden mit der überstürzten Entscheidung“.

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Gleichzeitig bringt die Causa die Volksrepublik China auch in eine unangenehme Position: Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem man die angeschlagenen Handelsbeziehungen mit der Europäischen Union nach zweieinhalb Jahren „Null Covid“ wieder in Schwung bringen will, wäre ein politischer Eklat mit dem wichtigsten europäischen Handelspartner ganz besonders ungünstig – zumal Deutschland in Peking von vielen als „letzte pragmatische Stimme“ des Westens betrachtet wird.

China: Peking drängt Europäer, sich von den USA zu lösen

Die Staatspresse in Peking griff das Thema am Mittwoch verstärkt auf. „Deutsche Sicherheit wird nicht durch die Abhängigkeit von Huawei, sondern von den USA bedroht“, titelte die Parteizeitung China Daily in einem ersten Kommentar. Während Huawei und ZTE ganz normale Privatfirmen seien, die Geschäfte auf der ganzen Welt tätigen, liege „die wahre Bedrohung der nationalen Sicherheit Deutschlands auf der anderen Seite des Atlantiks“.

Als Beweis führte die Tageszeitung eine umstrittene Recherche des US-Investigativjournalisten Seymour Hersh an, die in den chinesischen Staatsmedien seit Wochen rauf und runter zitiert wird: Demnach hätte die amerikanische Regierung die „Nord Stream“-Gaspipelines in der Ostsee sprengen lassen, um „Millionen Deutsche in bittere Kälte“ zu stürzen.

Die Global Times, in ihrem nationalistischen Tonfall meist noch eine Spur angriffslustiger, warnte wiederum davor, dass ein Verbot chinesischer 5G-Ausrüstung „nach hinten losgehen“ könnte. Sie zitierte einen Experten, der folgende Erklärung bereithält: „Einige westliche Länder werden von der US-Regierung angestachelt, ebenfalls eine „Spionage“-Verschwörung hochzujubeln (…), die völlig unbegründet ist“.

Chinesische Social-Media-Nutzer kritisieren deutsche Scheinheiligkeit

Die Botschaft, die auch der chinesische Außenminister Qin Gang bei seiner jüngsten Pressekonferenz am Dienstag verbreitet hatte, lautet: Europa solle sich von den Fängen Washingtons emanzipieren – nicht, um China zu gefallen, sondern aus eigenen, wirtschaftlichen Interessen.

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Beachtlich ist, dass die Meinungen der User in den sozialen Medien durchaus auseinander gehen. Einerseits kritisiert man Deutschland für seine vermeintliche Scheinheiligkeit: „Die Vereinigten Staaten belauschen den deutschen Präsidenten rund um die Uhr. Die Ausrüstung aus China muss hingegen entfernt werden – sehr lustig!“, lautete ein Posting.

In vielen Kommentaren hieß es, dass die Bundesrepublik wie eine „Kolonie der USA“ sei. Andererseits richtet sich die Häme von einem kleineren Teil der chinesischen Internetnutzer auch gegen ihre eigene Regierung. „Alles ist immer eine Verschwörung ausländischer Mächte“, schreibt ein Nutzer in Anspielung darauf, dass die chinesische Regierung hinter sämtlicher Kritik stets die USA vermutet.