Berlin/Scharm el-Scheich. Die Ex-Greenpeace-Chefin kennt sich aus auf Klimakonferenzen. Doch nun arbeitet sie für die Regierung – und hat eine schwere Mission.

Jennifer Morgan wird vom Anfang bis zum Ende dabei gewesen sein. Der Bundeskanzler, die Ministerinnen und Minister, sie kommen und gehen auf der Weltklimakonferenz. Aber Morgan, die deutsche Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, bleibt in Scharm el-Scheich, die vollen zwei Wochen.

Die 56-Jährige kennt diese Konferenzen gut: Die langen, oft zähen Verhandlungsrunden, das Feilschen um einzelne Formulierungen im Text. Die Momente, in denen etwas wirklich Großes gelingen kann, wie 2015 in Paris. Und die, wo alles schiefgeht, so wie sechs Jahre zuvor in Kopenhagen.

Morgan war für verschiedene Umweltorganisationen bei all diesen Treffen dabei, seit der ersten Weltklimakonferenz 1995 hat sie keine verpasst. Doch diese, in Ägypten, ist die erste, die sie nicht als Vertreterin der Zivilgesellschaft begleitet, sondern im Auftrag der deutschen Regierung.

Klimakonferenz: Morgan und Kollegin mit schwieriger Aufgabe

Gleich zum Auftakt hat Morgan dabei eine komplizierte Aufgabe bekommen: Gemeinsam mit der chilenischen Umweltministerin Maisa Rojas soll sie die Gespräche über das schwierige Thema der Zahlungen für klimabedingte Schäden und Verluste leiten. Auch Rojas ist politische Quereinsteigerin, die Klimawissenschaftlerin ist seit Sommer 2022 Teil der chilenischen Regierung.

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Einen ersten Erfolg für die Entwicklungsländer hatte es dabei zu Beginn der Konferenz gegeben: Die Frage, wer zahlt für die Zerstörung der Erderhitzung, steht offiziell auf der Tagesordnung. Dass das Thema dieses Mal so prominent besprochen wird, liegt zum einen an einem vergangenen Jahr, das mit aller Brutalität deutlich gemacht hat, was Schäden und Verluste durch den Klimawandel wirklich bedeuten: Überschwemmungen in Pakistan, die ein Drittel des Landes unter Wasser gesetzt und acht Millionen Menschen obdachlos gemacht haben, Hitzewellen in Europa, die Schätzungen zufolge 100.000 Menschen das Leben gekostet haben, eine anhaltende Dürre am Horn von Afrika, die droht, zur schlimmsten Hungersnot seit einem halben Jahrhundert zu werden.

Jennifer Morgan bei der Klimakonferenz in Scharm el-Scheich.
Jennifer Morgan bei der Klimakonferenz in Scharm el-Scheich. © dpa | Michael Kappeler

Klimakonferenz COP27: „Die Länder hören einander zu und arbeiten zusammen“

Die prominente Platzierung hat aber auch mit Morgan als Person zu tun, sagen Beobachter. „Dass Schäden und Verluste offiziell auf der Tagesordnung stehen, ist in nicht zu unterschätzender Weise auch der Arbeit von Jennifer Morgen zuzuordnen“, sagt David Ryfisch, Experte für internationale Klimapolitik bei der deutschen Nichtregierungsorganisation Germanwatch. Sie habe es geschafft, so vorzuarbeiten, dass zu Beginn des Treffens in Scharm el-Scheich eine Einigung möglich war. „Das zeigt schon, dass sie dieser Rolle gerecht werden kann.“ Lesen Sie auch: COP27: Warum Greta Thunberg nicht zur Klimakonferenz fährt

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In der ersten Woche der Verhandlungen, sagte Morgan am Freitag, habe es zwei offizielle Gesprächsrunden zum Thema gegeben. So groß sei das Interesse der Delegierten gewesen, dass die Leute Schlange gestanden hätten, um in den Saal zu kommen. Bei der zweiten habe man gleich einen größeren Raum gebucht. „Die Länder hören einander zu und arbeiten zusammen, um gute Lösungen zu finden“, sagte sie.

Klimafinanzierung: Deutschland verspricht sechs Milliarden, doch im Haushalt fehlt Geld

Doch ein Platz auf der Tagesordnung garantiert noch kein Ergebnis, dass den ärmsten Ländern wirklich weiterhilft. Dass es am Ende der zwei Wochen wirklich eine verlässliche neue Geldquelle geben wird, scheint unwahrscheinlich. Eher wird der Weg dahin abgesteckt.

Unabhängig davon, worauf sich die rund 200 Staaten einstimmig festlegen, will Deutschland in der kommenden Woche offiziell einen „Globalen Schutzschirm gegen Klimarisiken“ an den Start bringen, aus dem künftig schnelle Hilfe an Leidtragende klimabedingter Katastrophen fließen soll. 170 Millionen sollen dafür zur Verfügung stehen, das hatte Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Scharm el-Scheich angekündigt. Die Summe ist Teil von sechs Milliarden Euro Klimafinanzierung, die Deutschland bis 2025 jährlich aufbringen will.

Mehr Kohlestrom in Deutschland, mehr Gasförderung im Senegal

Bis jetzt allerdings ist von diesem Geld im Haushalt nicht genug zu sehen, kritisieren Nichtregierungsorganisationen. Nach Schätzungen werden, vor allem aus den Etats des Bundesentwicklungsministeriums und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, im kommenden Jahr nur etwa 4,9 Milliarden zusammenkommen.

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Dass der Bundeskanzler die sechs Milliarden noch einmal hervorgehoben habe bei der Weltklimakonferenz, sei ein Bekenntnis gewesen, „dass wir das ernst meinen“, sagt Felix Banaszak, Haushaltspolitiker der Grünen im Bundestag. „Die Gelder, die bislang in der Finanzplanung stehen, reichen dafür aber leider noch nicht aus. Wir erwarten, dass da noch etwas passiert.“ Dass Deutschland seine Zusagen einhalte, sei wichtig für die Glaubwürdigkeit gegenüber den Partnern.

Klimawandel: Rückt Deutschland von der Energiewende ab?

Wie Deutschland auf der Konferenz wahrgenommen wird, hängt allerdings nicht nur von den finanziellen Zusagen ab. Dass in der Bundesrepublik die Kohlekraftwerke vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs wieder angeworfen werden, würde in den Konferenzhallen durchaus registriert, sagt Germanwatch-Experte David Ryfisch.

Und dass der Bundeskanzler im westafrikanischen Senegal bei der Erschließung von neuen Gasvorkommen unterstützen will, obwohl man erst in Glasgow zugesagt hatte, keine neuen fossilen Projekte international zu finanzieren, ist auch nicht verborgen geblieben.

„Es wirft die Frage auf, ob Deutschland von der Energiewende abrückt“, sagt Ryfisch. Selbst wenn das nicht der Fall sei und der Krieg in der Ukraine die Transformation eher beschleunigt habe – „wenn andere Länder hier aufgefordert werden, ihren fossilen Verbrauch zu senken, dann verweisen sie zum Teil auf Deutschland und diese Nachrichten.“ Für Jennifer Morgan und den Rest der deutschen Delegation macht das die Arbeit nicht einfacher.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.