Den Haag. Der Internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen Wladimir Putin erlassen. Der Grund: Kriegsverbrechen in der Ukraine.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen. Wie am Freitag bekannt wurde, wirft das Gericht Putin vor, verantwortlich für Kriegsverbrechen in der Ukraine zu sein. Konkret nennt der Strafgerichtshof in einer Mitteilung die rechtswidrige Deportation ukrainischer Kinder nach Russland als Grund für die Entscheidung. Lesen Sie auch: Das gilt völkerrechtlich als "Kriegsverbrechen"

Strafgerichtshof: Putin womöglich für Kriegsverbrechen "individuell verantwortlich"

Es gebe hinreichend Gründe dafür anzunehmen, dass Putin für solche Verbrechen während des Ukraine-Kriegs "individuell strafrechtlich verantwortlich ist", so das Gericht. So habe Putin die entsprechenden Handlungen entweder selbst begangen oder Untergebene, die für die Taten verantwortliche sind, nicht angemessen kontrolliert.

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Ein weiterer Haftbefehl ging am Freitag gegen Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, die Kinderrechtsbeauftragte des russischen Präsidenten. Sie hatte vor Kurzem öffentlich darüber gesprochen, einen Jugendlichen aus der von Russland besetzten, ukrainischen Stadt Mariupol adoptiert zu haben.

Die ukrainische Regierung geht derzeit davon aus, dass mehr als 16.000 Kinder aus dem Land nach Russland verschleppt wurden. Wissenschaftler der Universität Yale berichteten zuletzt von Lagern in Russland, in denen 6000 ukrainische Kinder untergebracht sein sollen. Mehr zum Thema: UNO-Bericht schockiert – Die Gräueltaten russischer Soldaten

Haftbefehl ausgestellt: Was droht Wladimir Putin jetzt?

Trotz des Haftbefehls scheint es aktuell unwahrscheinlich, dass Wladimir Putin sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten muss. Denn: Verhandlungen, bei denen der Angeklagte nicht anwesend ist, sind vor dem Gericht nicht möglich. Auch interessant: Kriegsverbrechen – "Für Täter besteht lebenslanges Risiko"

Für Putin hat die Entscheidung aus Den Haag dennoch Folgen. Sie schränkt seine Bewegungsfreiheit ein, da theoretisch alle Vertragsstaaten des Gerichtshofs dazu verpflichtet sind, Menschen, die per Haftbefehl gesucht werden, festzunehmen. Russland, aber auch die Vereinigten Staaten, Israel und weitere Länder erkennen den Internationalen Strafgerichtshof nicht an. Deutschland gehört zu den 123 Vertragsstaaten.

UN zu Haftbefehl: Putin keine Persona non grata

Die UN hat es nach Bekanntwerden des Haftbefehls vermieden, direkt darauf zu reagieren. Stephane Dujarric, Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, betonte am Freitag lediglich, dass Putin für den UN-Chef wegen der Entscheidung der Internationalen Strafgerichtshofs keine Persona non grata sei: "Der Generalsekretär wird immer mit jedem sprechen, mit dem es nötig ist zu sprechen." Dujarric sagte weiter, dass der Internationale Strafgerichtshof (ICC) und die Vereinten Nationen getrennte Organisationen seien.

Der deutsche Justizminister Marco Buschmann (FDP) begrüßte die Entscheidung des Gerichts dagegen. "Wer wie Putin einen blutigen Krieg angezettelt hat, sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen", sagte er dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Der Kreml betonte noch am Freitag, dass der Haftbefehl nach russischer Ansicht rechtlich nichtig sei. "Russland erkennt – wie eine Reihe anderer Staaten – die Rechtsprechung dieses Gerichts nicht an. Entsprechend sind Entscheidungen dieser Art für Russland vom rechtlichen Standpunkt unbedeutend.", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Freitag. Zur Frage, ob eine drohende Verhaftung des Kremlchefs in Ländern, die das Gericht anerkennen, sich auf die Reisepläne Putins auswirken könnte, äußerte sich Peskow nicht. (fmg)