Berlin. Die Kritik am Entlastungspaket der Ampel wächst. Viele Rentnerinnen und Rentner fragen sich, ob sie von den Zahlungen profitieren.

  • Die Bürgerinnen und Bürger sollen aufgrund der im Zuge des Ukraine-Krieges gestiegenen Energiekosten vom Staat entlastet werden
  • Doch die Verteilung der Hilfen sorgt für Kritik, weil Hilfen für Rentner nicht explizit vorgesehen sind
  • Opposition und Sozialverbände reagieren deutlich

Wegen der anhaltend hohen Energiekosten infolge des Kriegs in der Ukraine will die Ampel-Regierung die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland finanziell entlasten. Mehrere Maßnahmen sind vorgesehen, darunter eine pauschale Einmalzahlung von 300 Euro.

Laut dem jüngsten Koalitionsbeschluss der Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP soll dieser Betrag an alle "einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen" gezahlt werden soll. Das Geld soll "als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt" werden. Es ist ein Bruttobetrag, der über den persönlichen Steuersatz belastet wird.

Otto Wulff, Vorsitzender der Senioren-Union.
Otto Wulff, Vorsitzender der Senioren-Union. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Rente: Mehrzahl hat kein steuerpflichtiges Erwerbseinkommen

Viele der rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner fragen sich nun, ob und wie sie von der Pauschale profitieren. Denn nur ein kleiner Teil von ihnen ist im Alter tatsächlich noch erwerbstätig. Die große Mehrzahl hat kein steuerpflichtiges Erwerbseinkommen zusätzliches zu den Altersbezügen.

Die bei Senioren verbreiteten Minijobs sind von der Steuer befreit und dürften somit keine Berücksichtigung finden. Wurden die Rentnerinnen und Rentner also bei der 300-Euro-Pauschale vergessen? Oder gar bewusst ausgenommen?

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    Andere Kriterien müssten gelten

    Aus dem Bundesfinanzministerium hatte es am Donnerstag zunächst geheißen, dass auch Rentnerinnen und Rentner von der Einmalzahlung profitieren, da ja auch ihre Bezüge ab einer gewissen Höhe einkommensteuerpflichtig sind. Allerdings ist davon "nur" knapp ein Drittel der 21 Millionen Ruheständler in der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen.

    Die Mehrheit liegt unter der Freibetragsgrenze von knapp 1000 Euro im Monat und muss somit keine Einkommensteuer zahlen. Für sie müsste es dann andere Kriterien geben.

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    Nur wenige Rentner profitieren: Details der Umsetzung "noch in Klärung"

    Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums betonte am Freitag in Berlin, berufstätige Rentnerinnen und Rentner, die Steuern zahlten, würden von der Pauschale profitieren. Damit bestätigte sie letztlich, dass für die Mehrzahl der Ruheständler keine Energiepauschale vorgesehen ist.

    Details der Umsetzung der Koalitionsbeschlüsse seien "noch in Klärung", fügte die Sprecherin hinzu und verwies zugleich darauf, dass Rentner an anderer Stelle vom Entlastungspaket der Koalition profitierten.

    Steuerfreie 100-Euro-Einmalzahlung bei Grundsicherung

    So kämen die verbilligten ÖPNV-Tickets sowie die befristete Steuersenkung auf Benzin und Diesel auch Rentnerinnen und Rentnern zugute. Wer Grundsicherung im Alter beziehe, bekomme die steuerfreie 100-Euro-Einmalzahlung, die das Entlastungspaket der Ampel für Sozialhilfeempfänger vorsehe. Auch die unlängst angehobenen Sätze beim Wohngeld und die Verdoppelung des Heizkostenzuschusses nannte die Sprecherin.

    Zudem verwies sie auf die jüngste Rentenerhöhung, die am Dienstag bekannt gegeben wurde. Es sei "die höchste seit sehr vielen Jahren, das sollte man hier auch berücksichtigen". Demnach steigen die Renten in diesem Jahr um 5,35 Prozent im Westen und um 6,12 Prozent im Osten Deutschlands. Es ist die höchste Anpassung seit Jahrzehnten.

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    Rentner gehen leer aus: Opposition und Verbände kritisieren Koalition

    Aus der Opposition und von Verbänden hagelt es Kritik an der Koalition. "Die Ampel steht für Rentner auf Rot", kritisierte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Union im Bundestag, Axel Knoerig. "Bei der Energiepreispauschale vergisst die Ampel die ältere Generation, die für den Wohlstand in unserem Land gesorgt hat."

    SystemDie gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip.
    Renten-ArtenGrund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente
    AusnahmenSelbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit.
    FinanzierungDie gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert.
    ProblemeDie Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland.
    Drei SäulenDie Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge.
    UrsprungDie gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt.

    Der Vorsitzende der Senioren-Union, Otto Wulff, kritisierte, es könne nicht sein, "dass die Ampel-Koalition die Rentner bei der Energiepauschale außen vor lässt". Den Rentnerinnen und Rentnern drohe "ein Schock bei der nächsten Heizkostenabrechnung", erklärte er.

    Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, sprach von einer "Unverschämtheit" und verlangte eine rasche Korrektur durch die Ampel.

    Auch der Sozialverband VdK bemängelte fehlende Maßnahmen, um für Rentner die hohen Energiepreise abzufedern. Die Ampel-Koalition habe eine eine Chance verpasst, "für Rentnerinnen und Rentner tut sie nichts". Dabei seien gerade Menschen mit kleinen Renten besonders auf das Geld angewiesen.

    Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.