Berlin Das zweite TV-Triell zwischen den Kanzlerkandidaten war ein munterer Schlagabtausch. Lesen Sie hier, wer besonders überzeugen konnte.
Der Bundestagwahlkampf hat sich endlich von der Sitzecke in Richtung Boxring bewegt. Das zweite TV-Triell genau 14 Tage vor der Wahl hat den Adrenalin-Pegel im Wettlauf um das Kanzleramt erfreulich erhöht. Die Spannung steigt, und das tut gut. Immerhin geht es um nicht weniger als die Zukunft des Landes.
Die Zuschauerinnen und Zuschauer der anderthalbstündigen Auseinandersetzung haben inhaltlich zwar nicht allzu viele neue politische Positionen der drei Kandidaten zu hören bekommen. Vieles haben die Kontrahenten von Union, SPD und Grünen, Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock so oder in ähnlicher Weise schon mehrmals in diesem Wahlkampf vorgetragen. Das Triell diente hier eher der Präzisierung.
TV-Triell: Laschet und Baerbock argumentieren zu kompliziert
Auch ist es den Dreien oft nicht gelungen, die Debatte so zu führen, dass auch diejenigen inhaltlich bei der Stange geblieben sind, die mit kompliziertem Politiker- und Behörden-Sprech wenig anfangen können. Oft verhedderten sich vor allem Laschet und Baerbock in komplizierten Satzkonstruktionen, statt die in Botschaften in klar nachvollziehbare Formeln zu bringen.
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Dennoch war die Debatte hilfreich, um sich einen vertieften Eindruck von den drei Konkurrenten und ihrem Rollenverständnis zu verschaffen: Unionskanzlerkandidat Laschet ist der Angreifer, der vor allem gegen den derzeitigen Umfrage-Favoriten und SPD-Konkurrenten Olaf Scholz keilt.
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Scholz präsentiert sich im Triell als Staatsmann und überzeugt die Zuschauer
Laschet hat diesen Part überzeugend ausgefüllt. Ob es ihm aber damit noch gelingt, auf den letzten Metern vor dem Ziel auf die Überholspur zu kommen und an Scholz vorbeizuziehen, ist fraglich. Alleine dürfte es Laschet ohnehin nicht schaffen. Neben ihm müsste die gesamte Union, einschließlich der CSU, in den Angriffsmodus schalten. Ob die lange Jahre siegesverwöhnten Schwarzen hierzu im Stande sind, werden die nächsten Tage zeigen.
Der Sozialdemokrat Scholz präsentiert sich indes als der erfahrene, staatstragende Kandidat. Von seiner derzeitigen Chefin Angela Merkel hat Scholz offenbar gelernt, Vorwürfe gekonnt an sich abperlen zu lassen. Es ist das Teflon-Prinzip, das ihn einerseits souverän, andererseits aber auch unnahbar und glatt erscheinen lässt. Am Ende geht er dennoch als der Umfragesieger aus dem zweiten Triell hervor. Der Erfolg scheint Scholz und seiner Strategie recht zu geben.
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Baerbock inszeniert sich im Triell als frische Kraft
Grünen-Mitbewerberin Annalena Baerbock übernimmt im TV-Triell erneut den Part der frischen, neuen Kraft, die die beiden Herren Scholz und Laschet als graue Regierungsbürokraten hinstellt. Sie steht am überzeugendsten für Neustart und Aufbruch.
Zwar ist die Kanzlerschaft für die Grünen-Chefin wohl nicht zu holen. Dennoch lässt Baerbock im Wettstreit mit Laschet und Scholz wenig Zweifel, dass sie sich der mächtigen Rolle ihrer Partei bewusst ist. Denn schon jetzt ist klar: Bei der Bildung einer neuen Regierung wird es nahezu unmöglich sein, an den Grünen vorbeizukommen.
Es bleiben aufregende Wochen. Das Publikum der Wählerinnen und Wähler darf gespannt sein. Das dritte Triell folgt. Lesen Sie auch: Politiker-Kinder: Das sind Joe Laschet und Gloria Burkandt
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