Berlin. Die Ukraine hofft auf die Lieferung des Leopard-2-Panzers: Deswegen ist der deutsche Kampfpanzer den russischen Modellen überlegen.

Im Tierreich gehen Marder und Leoparden getrennte Wege, als Panzer ergänzen sich die beiden. Deswegen hofft die Ukraine darauf, dass Deutschland nach der Zusage zur Lieferung von Schützenpanzern vom Typ Marder auch Leopard-2-Kampfpanzer zum Einsatz gegen die russischen Truppen sendet. Der deutsche „Leo“ gilt außerdem als einer der schlagkräftigsten Kampfpanzer weltweit. Bisher zögert die Bundesregierung. Doch der Druck wächst: Die britische Regierung erwägt offenbar, etwa ein Dutzend Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 an die Ukraine zu liefern. Lesen Sie auch: Deutschland liefert Marder: Was der Schützenpanzer kann

Was kann der Leopard 2?

Der Leopard ist zur Bekämpfung anderer Panzer konzipiert. In seiner neuesten Version ist das Kettenfahrzeug mehr als 60 Tonnen schwer, mit seiner 120-Millimeter-Kanone und einem um 360 Grad schwenkbaren Turm kann der Leopard stehend und fahrend Ziele in bis zu fünf Kilometern Entfernung punktgenau beschießen. Die technische Ausrüstung ist hochmodern, der Panzer verfügt über einen Laserentfernungsmesser und Wärmebildgerät und ist damit auch in der Dunkelheit voll einsatzfähig. Der Panzer gilt als sehr beweglich, ist bis zu 63 Stundenkilometer schnell und kann bis zu vier Meter tiefes Wasser durchfahren.

Der entscheidende Vorteil ist nach Ansicht von Militärexperten: Der Leopard zielt aufgrund ausgefeilter Technik auch in hohem Tempo und bei ruckeliger Fahrt schnell und genau. Vor allem darum geht es heute im Gefecht: Schnelligkeit. „Wer schießt, der trifft. Und wer trifft, der tötet“, sagt der Direktor des Deutschen Panzermuseums, Ralf Raths, unserer Redaktion. In der Kriegslogik ist Feuerkraft nicht mehr der entscheidende Faktor.

Seit wann gibt es den Leopard-Panzer?

Seit Mitte der 1960er Jahre baute der deutsche Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann den Leopard 1. Das Nachfolgemodell Leopard 2 bekam die Bundeswehr 1979, es wurde seitdem mehrfach modernisiert. Der Panzer ist ein Exportschlager, 19 Nationen setzen auf ihn. Darunter auch autokratische Staaten wie Katar und Saudi-Arabien. Auch die Türkei kaufte Leopard-Panzer von der deutschen Rüstungsindustrie.

Das Bundesverteidigungsministerium sieht in dem Leoparden „seit Jahrzehnten das Rückgrat der gepanzerten Verbände der Bundeswehr“. Die Bundeswehr verfügt über rund 320 Exemplare der modernsten Version 2 A7V. Manche Experten halten den Leopard 2 für den „besten Kampfpanzer der Welt“.

Warum will die Ukraine unbedingt den Leoparden?

Der Krieg in der Ukraine wird konventionell geführt: Artillerie an der Front ist entscheidend, die Hoheit über den Luftraum, die Verschiebung von Truppenverbänden. Vor allem bei der schnellen Bewegung von Einheiten spielt der „Leo“ seine Stärke aus. Bis vor wenigen Monaten vermieden die ukrainischen Truppen noch den Offensivkampf, setzten die russischen Angreifer mit einer Defensivtaktik aus dem Hinterhalt fest. Nun aber ist die ukrainische Armee immer wieder auch auf dem Vormarsch, erobert Gebiete zurück. Der Kampfpanzer ist dabei ein zentrales Rüstzeug, um punktuell durch russische Stellungen durchzustoßen.

„Moderne westliche Kampfpanzer wie der Leopard 2 sind den russischen Panzern, die in der Ukraine eingesetzt werden, überlegen“, sagt der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn. „Deswegen kann der Leopard, im Verbund mit dem Marder, einen wichtigen Unterschied ausmachen bei dem Ziel, ukrainisches Territorium zurückzuerobern.“ Leopard 1 und 2 seien außerdem in großen Stückzahlen bei der Industrie und den Nato-Verbündeten vorhanden, sodass die Verfügbarkeit von Fahrzeugen und Munition gegeben sei. Für Hahn ist das angesichts der schwierigen Munitionslage etwa beim Gepard „ein nicht zu unterschätzender Faktor“.

Bundeswehrsoldaten vor einem Leopard-2-Panzer.
Bundeswehrsoldaten vor einem Leopard-2-Panzer. © dpa | Michael Kappeler

Probleme gebe es auch bei den alten Panzern aus der Sowjetzeit, die die Ukraine per Ringtausch erhalten, erbeutet oder noch in ihren Beständen habe, berichtet Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger. Die Versorgung mit Ersatzteilen und Munition sei nicht gesichert. „Ihr Zustand und ihr Schutzniveau ist auch deutlich schlechter als bei den modernen, westlichen Systemen.“ Die Überlebenschancen einer vierköpfigen Leopard-Besatzung nach einem feindlichen Treffer sind wesentlich größer als in den Modellen sowjetischer Herkunft.

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Ein weiteres Argument für die Lieferungen von Leoparden aus Sicht der Ukraine: Der Kampfpanzer wird in der Regel zusammen mit dem bereits von Kanzler Olaf Scholz (SPD) zugesagten Marder eingesetzt. Der Schützenpanzer dient der schnellen Verlegung von Soldaten und der Bekämpfung leichter Ziele und dient somit zur Unterstützung des Kampfpanzers.

Wie ist die Haltung der Bundesregierung?

Seit Kriegsbeginn hat Deutschland die Ukraine mit umfangreichen Waffenlieferungen unterstützt, darunter auch schweres Gerät wie die Panzerhaubitze 2000. Die Weitergabe moderner Panzer westlicher Produktion verweigerte lange und verwies auf Absprachen mit den westlichen Partnern. Vergangene Woche kündigte Scholz schließlich gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden an, der Ukraine mit Schützenpanzern zu helfen. Die USA schicken Exemplare ihres Bradley-Panzers zur Verfügung, Deutschland sagte 40 Schützenpanzer vom Typ Marder zu. Die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern lehnt Scholz weiterhin ab. Das könnte Sie auch interessieren: Ukraine-Krieg: Drei Schützenpanzer gegen Putins Streitmacht

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt die Lieferung von Kampfpanzern westlicher Bauart an die Ukraine bisher ab.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt die Lieferung von Kampfpanzern westlicher Bauart an die Ukraine bisher ab. © dpa | Michael Kappeler

Kann der Kanzler die Position durchhalten?

In der Ampel-Koalition fordern Vertreter von Grünen und FDP, der Ukraine so schnell wie möglich auch mit Leopard-Panzern zu helfen. „Die Ukraine benötigt eigentlich schon seit Monaten moderne Schützen- und Kampfpanzer, um weitere russische Vormärsche zur stoppen, Truppen sicher zu transportieren und die von Russland besetzten Gebiete zu befreien, in denen die Menschen unter dem Terror der Besatzung leiden“, sagt Brugger. Auf über 1000 Kilometern Frontlänge seien 40 Marder „nur punktuell“ eine Hilfe, meint der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber. „Es braucht mehr Marder und es werden vor allem schnell Kampfpanzer gebraucht um die Invasionstruppen zu stoppen.“

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Warum gibt es Bedenken gegen Kampfpanzer-Lieferungen?

Im Kanzleramt gibt es offenbar Befürchtungen, dass die Lieferung von Kampfpanzern von Russlands Präsident Wladimir Putin als Eskalation durch den Westen gewertet werden könnte. Einer solchen Einschätzung widerspricht Brugger: „Putin schürt bewusst Ängste, um uns von weiterer Hilfe abzuhalten“, sagt die Grünen-Politikerin. „Wenn er weiter eskalieren will, wird der Kreml zur Not irgendwelche Anlässe erfinden. Wir haben zudem bereits Waffen geliefert, die sowohl von der Distanz als auch der Wirkung weitergehen.“

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