Erfurt. Die hohe Zeit der Wespen beginnt. Gut, wer da nicht in Panik gerät und weiß, was zu tun ist, um nicht gestochen zu werden.

Frühstück auf dem Balkon, Pause im Straßencafé. Der Kaffee duftet, der Kuchen lockt. Dann sirrt und schwirrt es und man bekommt Besuch. Je länger der Sommer, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Besucher eine Wespe ist. „2019 war ein ausgesprochenes Wespenjahr“, sagt Inga Hampel, Sachbearbeiterin Artenschutz im Umweltamt. Und auch 2020 könnte wieder eines werden, denn die Basis für die neuen Wespen-Generationen wurden vor Jahresfrist bereits angelegt. Vorausgesetzt, es bleibt trocken und sehr warm. Das würde übrigens auch die Hornissen freuen.

„Wir haben gerade Saisonbeginn bei den Wespen“, sagt Inga Hampel. Bis zum Spätsommer werden die Wespenvölker wachsen und wachsen. Ende August, Anfang September haben sie ihre Maximalstärke erreicht. Zuweilen auch im heimischen Rollladenkasten. Vor allem die auf der Sonnenseite würden gern genommen. Schon jetzt hat die Artenschützerin zwei bis drei „Wespen-Anrufe“ pro Woche. „Von Relaxten und von Hysterischen“, wie sie lächelnd sagt.

Natürlich sei das kein Idealzustand, aber auch kein Grund zur Panik, sagt Hampel. Schwierig sei es nur mit Leuten, die schon gestochen wurden oder die allergisch reagieren. Oder wenn ein Wespennest in Kindergarten- oder Spielplatznähe gefunden wird.

Der Begriff Wespe, sagt Inga Hampel, sei weit gefasst. Über 1000 Arten mit ausgeprägtem Sozialverhalten gebe es. Darunter aber auch regelrechte Einzelgänger wie Schlupf-, Grab- oder Feldwespen. Die lästigsten seien in der Regel die Gemeine und Deutsche Wespe. Aggressiv würden die aber nur, wenn sie sich bedroht fühlten. Die Tiere würden dennoch einen „Grundschutz“ genießen. Soll heißen, man braucht einen überaus vernünftigen und einleuchtenden Grund, um sie vom so genannten Kammerjäger eliminieren zu lassen. Hampel: „Was nicht zwingend notwendig ist, denn im Spätherbst erlischt jeder Wespenstaat“. Wenn es aber zu bedrohlich wird oder die Tierchen sich gar das Hausinnere als Wohnstatt auserkoren haben, hilft nur noch ein Profi. Mit Gift.

Doch da ist Vorsicht geboten. „Es gibt da unter den Anbietern viele schwarze Schafe, ähnlich wie bei unseriösen Schlüsseldiensten“, warnt Inga Hampel. So geistere hier immer wieder eine dubiose Duisburger Firma herum, die am Ende mehrere hundert Euro in Rechnung stelle.

Garantiert seriöse Schädlingsbekämpfer kommen dagegen direkt aus Erfurt. Bei denen mache man garantiert nichts falsch. Einer davon ist HBS. Die drei Buchstaben stehen für Holz- und Bautenschutz, eine Firma, deren Namen man schon aus DDR-Zeiten kennt, die sich aber vor 16 Jahren neu gegründet hat. „Es geht gerade wieder los mit den Wespen“, sagt Firmenchef René Koch (49). Man habe gut zu tun. Drei seiner Leute sind von Juli bis September unterwegs. Da kommen pro Saison schnell mal einige hundert Aufträge zusammen.

Koch weist ausdrücklich daraufhin, dass man Wespennester, wenn der Leidensdruck zu groß werde und Gefahr im Verzug sei, entfernen lassen darf. Und das nur vom Fachmann. Selbstexperimente seien zu gefährlich. Wenn man erstmal einen wütenden Schwarm Wespen im Genick habe, wisse man, warum. Und Koch rät, unbedingt die Angebote zu vergleichen und nur auf regionale Anbieter zurückzugreifen. Um die 100 Euro brutto müsse man pro Einsatz einplanen. Der Aufwand bestimmt letztlich den Preis – der allerdings höher liegen kann, wenn man ein Wespennest ganz umsiedeln lässt.

Es gebe in Erfurt Gegenden, die von Wespen gern zur Ansiedlung genutzt werden. Windischholzhausen oder die Löbervorstadt seien Hotspots, verrät Inga Hampel. Denn da gebe es Grüngürtel und warme Wälder. Bevorzugt siedeln sich Wespen und Hornissen an den Sonnenseiten ein. Gern eben auch im Rollladenkasten, wo sie ihre papierartigen Nester aus Holzfasern für einen mehrere tausend Tiere zählenden Staat bauen.

Aussitzen, fürs nächste Jahr eine Rollladendichtung einbauen oder sofort etwas unternehmen – das müsse jeder selbst entscheiden, sagt die Artenschützerin.

Man möge jedoch bedenken, dass Wespen nicht nur neugierige Plagegeister sind, die sich ihr Stück vom Wurstbrot oder vom Obstteller holen wollen, sondern einen wichtigen Platz im Ökosystem haben. Als Futter oder als Insektenvertilger.

Und, sie fühlen sich vom Duft von Eau de Toilette oder Haargel regelrecht angezogen. So mancher oder so manche weiß ein Lied davon zu singen. Und dann: Eine unachtsame Bewegung, um den Störenfried loszuwerden, und schon ist es passiert.

Viele Menschen versetzt ein Wespenstich in Panik, aber dazu besteht – ausgenommen bei Allergikern – kein Grund. Die Stiche schmerzen, jucken, sind aber meist ungefährlich. Da hilft schnell ein Hausmittel, wie eine halbe Zwiebel auf der Stichstelle oder eine Essigkompresse. Zur Not ein Eiswürfel.