Berlin. Die deutschen Geldinstitute seien stabil, sagt die Regierung – trotz der Turbulenzen im Finanzsektor. Wichtig Fragen und Antworten.

Aufregung herrscht in der internationalen Bankenbranche. In der Schweiz musste das größte Institut, die UBS, die zweitgrößte Bank Credit Suisse übernehmen, damit diese nicht zusammenbricht. In den USA hat der Staat mehrere Geldhäuser geschlossen, weitere sind in Schwierigkeiten. In Deutschland verzeichnen einige Institute, etwa die Deutsche Bank, deutliche Rückgänge ihrer Aktienkurse. Nun überlegen viele Leute, was das für ihr Geld auf dem Konto bedeutet.

Muss man sich Sorgen machen über die Sicherheit der hiesigen Bankkonten?

Eher nicht. Die europäische Einlagensicherung, die gesetzlich auch in Deutschland gilt, garantiert bis zu 100.000 Euro „je Einleger und je Bank“, wie die Bundesbank mitteilt. In Einzelfällen reicht die Garantie kurzfristig bis zu 500.000 Euro. Die meisten privaten Institute „wirken zudem in der freiwilligen Einlagensicherung“ mit, sagt Hilmar Zettler vom Bundesverband deutscher Banken. Diese „schützt private Sparer bis zu einer Höhe von mindestens 750.000 Euro“. Die Sparkassen und Volksbanken haben ähnliche zusätzliche Systeme. Kann eine einzelne Bank nicht mehr zahlen, erhalten die Kunden ihre Guthaben aus gemeinsamen Sicherungsfonds der Institute erstattet.

Und wenn viele Institute gleichzeitig Probleme bekommen?

Falls zu befürchten ist, dass die Schäden die Zahlungsfähigkeit der Sicherungsfonds übersteigen, springt erfahrungsgemäß der Staat ein. Dann kann man davon ausgehen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor die Kameras träten und eine Staatsgarantie für die Guthaben erklärten – so wie es Angela Merkel und Peer Steinbrück 2008 taten. Ein reicher Staat wie Deutschland ist grundsätzlich in der Lage, sehr große Summen zu mobilisieren. Dieses Versprechen dient dazu, Panik unter Investoren und Privatanlegern zu vermeiden, was in der der Regel auch klappt. 2008 hat es funktioniert.

Viele Bankkunden sorgen sich derzeit um ihr Geld. Sie fragen sich: Soll ich es besser abheben oder auf der Bank lassen?
Viele Bankkunden sorgen sich derzeit um ihr Geld. Sie fragen sich: Soll ich es besser abheben oder auf der Bank lassen? © dpa-tmn | Andrea Warnecke

Was ist persönlich zu tun?

„Bei Guthaben über 100.000 Euro ist es sinnvoll, das Geld auf mehrere Banken zu verteilen“, sagt Ökonomin Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), „diese Regel sollte man jedoch immer beherzigen, nicht nur jetzt.“ Auf diese Art lassen sich höhere Beträge absichern, weil jedes Institut 100.000 Euro gewährleistet. Wer Geld bei ausländischen Banken liegen hat, sollte sich genau ansehen, welche Garantien in diesen Fällen gelten. „Die Stiftung Warentest bietet auf ihrer Homepage ein Tool, um herauszufinden, welche Sicherungssysteme für welche Bank zuständig sind, und wie hoch die maximale Entschädigungssumme ist“, sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Hat es Sinn, Geld abzuheben?

Wer dies erwägt, muss sich überlegen: wohin damit? Aus dem Kleiderschrank zuhause können die Notenbündel geklaut werden. Bei einer anderen Bank ist das Geld wahrscheinlich nicht sicherer als bei der jetzigen. Der Goldpreis schwankt stark, vor deutlichem Wertverlust ist man nicht gefeit. Deutsche Staatsanleihen sind zwar sehr sicher, doch ihr Kurs kann unter den Nennwert sinken. Und braucht man das Geld kurzfristig, verkauft man vielleicht mit Verlust. Auch bei Aktien sind Wertverluste immer einzukalkulieren. So erscheint es fraglich, ob Geldabheben eine gute Idee ist.

Was ist in den USA passiert, was in der Schweiz?

Bis Anfang März zogen Kunden der Silicon Valley Bank (SVB) in Kalifornien, USA, große Beträge von ihren Konten ab – aus unterschiedlichen Gründen. Manche erhofften sich anderswo höhere Zinsen, manche brauchten Geld für ihre Start-Up-Firmen. Weil die SVB erhebliche Beträge in langlaufenden, niedrigverzinsten Staatsanleihen angelegt hatte, musste sie einige davon verkaufen, um die Kunden zu bedienen. Bei der Veräußerung machte die Bank allerdings einen Verlust, da der Marktwert dieser Anleihen aktuell unter ihrem Buchwert lag. Als die Anleger und Kunden der SVB davon erfuhren, bekamen sie Angst und räumten ihre Konten. Das Institut wurde zahlungsunfähig und von der US-Bankenaufsicht geschlossen. US-Präsident Joe Biden versprach, dass die Einlagen gesichert seien – nicht nur bei der SVB, sondern auch bei weiteren schwankenden Geldhäusern.

Währenddessen hatte die zweitgrößte Schweizer Bank Credit Suisse schon lange Probleme mit ihrem Geschäftsmodell. Im Zuge der US-Turbulenzen sank ihr Aktienkurs so dramatisch, dass das Management Hilfe vom Staat erbat. Schließlich übernahm die größere UBS die notleidende Konkurrentin, um deren Zusammenbruch zu verhindern.

Das angeschlagene Schweizer Geldhaus Credit Suisse wurde von der Konkurrenz-Bank USB übernommen.
Das angeschlagene Schweizer Geldhaus Credit Suisse wurde von der Konkurrenz-Bank USB übernommen. © AFP | FABRICE COFFRINI

Wie sicher sind die deutschen Banken?

„Aktuelle Sorgen mache ich mir nicht“, sagt DIW-Ökonomin Schäfer, „das deutsche Bankensystem ist stabil.“ Zuvor erklärten dasselbe bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die staatliche Finanzaufsicht BaFin und die Wirtschaftsweisen. Tatsächlich sitzen die hiesigen Geldhäuser heute nicht auf großen Mengen fauler Kredite wie bei der Finanzkrise ab 2007. Auch die staatliche Aufsicht ist besser geworden. „Für Kundinnen und Kunden besteht kein Handlungsbedarf“, erklärt der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken.

Wobei man davon ausgehen kann, dass die hiesigen Institute ebenfalls viele langlaufende und niedrigverzinste Staatsanleihen in ihren Büchern haben, deren Marktwert unter dem Nennwert liegt. Beispielsweise die Sparkassen schrieben dafür im vergangenen Jahr 7,8 Milliarden Euro ab, die Volksbanken 5,8 Milliarden. Das sind jedoch vergleichsweise ungefährliche Beträge. Die gesamte Belastung im deutschen Finanzsektor ist allerdings nicht öffentlich. Woher die Nervosität – die Angst vor der Angst – im Finanzsektor kommt, erklärt Schäfer so: Würden viele Kundinnen und Kunden gleichzeitig ihr Geld abziehen, „kann das die Institute zur Realisierung von Verlusten zwingen. Dann erst wird aus einem Risiko eine reale Gefahr.“

Was kann die Politik, was könnte die EZB tun?

Indem unter anderem die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen in den vergangenen Monaten schnell und stark erhöhten, um die Inflation zu bekämpfen, haben sie nebenbei zu den Problemen beigetragen, die nun die Banken drücken. Neue Staatsanleihen sind beliebter, weil sie höhere Zinsen bieten. Wegen der im Vergleich dazu niedrigeren Zinsen verlieren die alten Papiere zwischendurch an Wert. Diesen Effekt könnten die Zentralbanken etwas mildern, indem ihre nächsten Zinsschritte kleiner ausfallen. Allerdings würde das auch die antiinflationäre Wirkung der Geldpolitik einschränken.

Unter anderem die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier schlägt vor, dass die EZB gezielte Stresstests bei den Banken durchführen solle, um deren Anfälligkeit für das Zinsproblem besser einschätzen zu können. Für die Zukunft mag außerdem helfen, dass die EU-Kommission und die nationalen Regierung, unter anderem die deutsche, den Instituten höhere Kapitalreserven für den Notfall diktieren. „Das Eigenkapitalpolster im Verhältnis zur Bilanz sollte fünf Prozent betragen, nicht nur drei Prozent, wie heute vorgeschrieben“, sagt DIW-Expertin Schäfer.