Berlin. Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung spricht über Vertrauen in die Rente, Lebenserwartung und die umstrittene Aktienrente.

Das Rentensystem steht immer wieder auf dem Prüfstand demografischer Entwicklungen. Trotz mancher Fragezeichen nimmt das Vertrauen in das System auch bei jungen Leuten wieder zu. Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung (DRV), Gundula Roßbach, sagt, dass eine generationengerechte Weiterentwicklung der Alterssicherung möglich ist. Seit 2017 steht die Juristin an der Spitze der DRV.

Das Vertrauen in die Zukunft der Rente ist gering. Vor allem junge Leute klagen, sie müssten immer mehr einzahlen und würden selbst immer weniger herausbekommen. Sind die Sorgen nicht berechtigt?

Gundula Roßbach: Die Vertrauensfrage beschäftigt uns natürlich. Ihre These trifft aber nicht zu, wie aktuelle Umfragen zeigen. Die jüngste repräsentative Befragung, die wir in Auftrag gegeben haben, zeigt sogar einen gegenläufigen Trend. Für mehr als 70 Prozent der Befragten ist die gesetzliche Rentenversicherung die ideale Altersvorsorge. Das ist ein Zuwachs von mehr als 15 Prozentpunkten seit 2014. Den Trend bestätigt auch eine aktuelle Umfrage des Verbands der privaten Versicherer. Die Menschen sehen also den Wert ihrer gesetzlichen Rentenversicherung. Und auch bei den jüngeren Menschen erreichen wir einen guten Zustimmungswert und im Trend steigt auch hier das Vertrauen. Das ist ein stabiles Fundament.

Der Freiburger Wissenschaftler Bernd Raffelhüschen erwartet horrend ansteigende Beiträge auf 27 Prozent für die junge Generation, wenn die Babyboomer ins Rentenalter kommen. Sind die jungen Leute die Verlierer des Alterssicherungssystems?

Roßbach: Eine genaue Prognose können wir erst abgeben, wenn das geplante Rentenpaket II verabschiedet ist, mit dem das Rentenniveau bei 48 Prozent gehalten werden soll. Doch unsere bisherigen Berechnungen liegen weit unterhalb der Schätzung Raffelhüschens.

Woher kommt Ihr Optimismus?

Roßbach: Wir legen unseren Vorausberechnungen jeweils die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts zugrunde. Es zeigt sich dabei etwas Überraschendes: Die Lebenserwartung steigt, aber nicht mehr so stark wie vor Jahren erwartet. Das ist relevant auch für die sozialen Sicherungssysteme. Wir erwarten jetzt zwischen 2020 und 2040 beim Verhältnis zwischen Erwerbspersonen und Rentnern einen ähnlichen Anstieg wie in den Jahren zwischen 1990 und 2010. Und damals haben wir das gut hinbekommen. Wir müssen zwar etwas tun, aber wir haben Vergleichbares schon einmal geschafft.

Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung.
Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung. © Reto Klar | Reto Klar

In diesem Jahr stehen noch Gesetzesänderungen an, mit denen unter anderem eine Aktienrente eingeführt wird. Wie hoch müsste der Kapitalstock eigentlich sein, um die Beitragszahler zu entlasten?

Roßbach: Die Aktienrente heißt jetzt Generationenkapital. Der Bund will dafür zunächst zehn Milliarden Euro in eine Art Staatsfonds geben, der am Kapitalmarkt investiert und mit den dort erzielten Renditen die Rentenversicherung entlasten soll. Das ist sicherlich viel Geld. Aber es ist zu wenig, um mit den Erträgen den Beitrag zur Rentenversicherung spürbar zu entlasten, denn schon eine dauerhafte Senkung des Beitragssatzes um einen Prozentpunkt kostet zurzeit rund 17 Milliarden Euro.

Mit der abschlagsfreien Rente nach 45 Beitragsjahren hat die Bundesregierung eine teure Wohltat eingeführt. Sollte sie nicht besser wieder abgeschafft werden?

Roßbach: Die Rente ab 63, beziehungsweise mittlerweile 64 Jahren, ist eine sozialpolitische Entscheidung. Die Altersgrenze für diese Rente steigt in den nächsten Jahren bis auf 65 Jahre. Man sollte die Entwicklung nun erst einmal beobachten und schauen, ob die erwünschten sozialpolitischen Ziele auch erreicht werden.

In diesem Jahr können die Rentner mit einem deutlichen Zuschlag rechnen. Wird dies angesichts der aktuell hohen Tarifabschlüsse auch so bleiben?

Roßbach: Die Tarifabschlüsse spielen hier eine wichtige Rolle. Die Entwicklung der Löhne ist die Basis für die Rentenanpassung.

Die hohen Inflationsraten sorgen für hohe Tarifabschlüsse und damit auch für wachsende Beitragseinnahmen. Ist die Teuerung für die Rentenversicherung nicht ein Segen, weil die Einnahmen stärker steigen als die Ausgaben?

Roßbach: Wenn im nächsten Jahr die Rentenanpassung wegen der gestiegenen Löhne höher ausfällt, steigen auch unsere Ausgaben. Für die Rentenversicherung ist das letztlich ein Nullsummenspiel.

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