Berlin. Die Corona-Warn-App soll in einen “Schlafmodus“ versetzt werden. Damit endet ein Millionen-Projekt, dessen Nutzen fragwürdig bleibt.

Sie war eine der deutschlandweit am häufigsten heruntergeladenen Smartphone-Anwendungen: Die Corona-Warn-App. Doch die Nutzerzahlen waren zuletzt mehr als überschaubar. Bald soll die App daher in einen "Schlafmodus" versetzt werden. Zukunft: ungewiss. Bilanz: durchwachsen.

Dabei waren die Erwartungen an die Anwendung anfangs groß gewesen. "Ein kleiner Schritt für jeden von uns, ein großer Schritt in der Pandemiebekämpfung", hatte der damalige Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) die Corona-Warn-App bei ihrer Einführung in Anlehnung an das berühmte Zitat zur Mondlandung gelobt. Die Hoffnung auf ein digitales Mittel gegen die Corona-Pandemie ließ sich der Bund einiges kosten: Rund 223 Millionen Euro wurden für das Projekt ausgegeben.

Corona-Warn-App in "Schlafmodus": Das ändert sich jetzt

Das steht nun vor seinem Ende – zumindest vorerst. Wie der "Spiegel" unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium berichtet, soll die Corona-Warn-App bis Anfang Juni stufenweise in einen "Schlafmodus" versetzt werden. Konkret bedeutet das:

  • Bereits Ende April soll die Warn-Funktion, über die Nutzerinnen und Nutzer Kontaktpersonen nach einem positiven Corona-Test warnen können, eingestellt werden
  • Im Mai soll das System dann darauf vorbereitet werden, zum 1. Juni in einen "Schlafmodus" versetzt zu werden
  • Elektronische Impfzertifikate sollen auch danach noch über die App genutzt werden können
  • Allerdings wird es zunächst keine regelmäßigen Aktualisierungen der Anwendung mehr geben
  • Sollte sich die Pandemie-Lage wieder verschärfen, könne die App erneut "geweckt" und angepasst werden

Corona-Warn-App mehr als 48 Millionen Mal heruntergeladen

Blickt man rein auf die Zahlen, scheint die Corona-Warn-App eine Erfolgsgeschichte zu sein: Mehr als 48 Millionen Mal wurde sie installiert, etwa neun Millionen Menschen teilten über die Anwendung positive Corona-Testergebnisse, um andere Nutzer zu warnen. Doch zuletzt ging die Nutzung zurück: Im Februar meldeten nur noch rund 2500 Menschen pro Tag positive Tests – in der Hochphase waren es mehr als 90.000 gewesen.

Und auch wenn die Corona-Zahlen in Deutschland grundsätzlich nicht mehr so hoch sind: Allein dadurch lässt sich der enorme Rückgang der Nutzerzahlen nicht erklären. Auch interessant: Was man bei einer roten Warnung in der Corona-Warn-App tun sollte

Und auch das anfangs von der Bundesregierung anvisierte Ziel, dass mindestens 60 Prozent der Bevölkerung die App nutzen sollen, wurde nie erreicht. Im Maximum hatte etwa jeder zweite die Anwendung auf seinem Smartphone installiert. Ein Jahr nach ihrer Einführung zog das Robert Koch-Intitut (RKI) dennoch eine positive Bilanz: Die App habe geholfen, zahlreiche Corona-Infektionen aufzudecken. Der Großteil der Menschen habe sich nach einer roten Meldung testen lassen.

Gemischte Studienergebnisse zur Corona-Warn-App – Kritik an hohen Kosten

Auch einige Untersuchungen bescheinigen der Corona-Warn-App eine zumindest akzeptable Wirksamkeit. So kam eine Studie der Berliner Humboldt-Universität zu dem Ergebnis, dass die digitale Kontaktverfolgung vor allem in Hochphasen der Corona-Pandemie dazu beigetragen hat, Ansteckungen zu verhindern. Eine Auswertung der Verantwortlichen geht mit Blick auf die Corona-Warn-App davon aus, dass rund sechs Prozent der Personen, die sich nach einer Warnmeldung testen ließen, tatsächlich positiv waren. Damit hätte die App einen ähnlich hohen Beitrag zur Kontaktnachverfolgung geleistet wie die Arbeit der Gesundheitsämter.

Internationale Studien kommen mit Blick auf verschiedene Warn-Apps dagegen zu dem Ergebnis, dass diese nicht effektiv genug gewesen seien. Letztlich fehlen jedoch noch belastbare Daten, um die Wirksamkeit der Corona-Warn-App abschließend zu bewerten. Lesen Sie auch: So laden Sie ihr Impfzertifikat in die Corona-Warn-App

Kritik könnte dennoch angebracht sein. Denn laut dem Bund der Steuerzahler hat die deutsche Warn-App unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht: So wurden für die österreichische Stopp-Corona-App bis Ende 2021 rund vier Millionen Euro ausgegeben. Beim niederländischen CoronaMelder waren es immerhin schon 23 Millionen. Doch Deutschland übertrumpft alle anderen Länder mit stolzen 130 Millionen Euro deutlich. (nfz)