Berlin. Ein Parteiloser hat die Oberbürgermeisterwahl im sächsischen Pirna gewonnen – für die AfD. Wer ist der Mann? Und was will er erreichen?

Tim Lochner ist der erste AfD-Kandidat, der eine Oberbürgermeisterwahl in Deutschland gewinnen konnte. Dabei ist Lochner nicht einmal Mitglied der Alternative für Deutschland. Denn: Lochner selbst ist parteilos, trat aber für die AfD an. Der 53-Jährige setzte sich im zweiten Wahlgang gegen Kontrahenten von CDU und Freien Wählern durch. Laut Stadtverwaltung kam er nach dem vorläufigen Ergebnis auf 38,5 Prozent der Stimmen. Dahinter rangieren Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) mit 31,4 Prozent und der parteilose Ralf Thiele mit 30,1 Prozent, der für die Freien Wähler ins Rennen gegangen war.

Tim Lochner ist für die Pirnaer kein Unbekannter. Der 53-jährige Tischlermeister und Restaurator saß bereits bis 2016 für die CDU im Stadtrat von Pirna. Dann kam das Zerwürfnis. Lochner verließ die Christdemokraten und machte als Parteiloser weiter. Ein monatelanger Konflikt innerhalb der CDU-Fraktion war seinem Parteiaustritt vorangegangen. Lochner erklärte seinen Austritt damit, dass er den Glauben an die Politik der CDU auf kommunaler Ebene verloren habe. Mit Blick auf die Bundespolitik sei dies bereits viel früher geschehen.

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Lochner vertrat vor seinem Austritt aus der CDU den politisch rechten Parteiflügel. In den sozialen Medien kritisierte er immer wieder die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Nach seinem Austritt aus der CDU engagierte sich Lochner zunächst bei den Bündnissen „MIT – Ihre Nachbarn im Stadtrat“ und „Pirna kann mehr“. 2017 trat er erstmals zur Oberbürgermeisterwahl an, unterlag allerdings dem damaligen Amtsinhaber Klaus-Peter Hanke. 2019 trat Lochner schließlich der AfD-Fraktion im Pirnaer Stadtrat bei. 2023 ernannte die AfD ihn zu ihrem Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl.

Tim Lochner: AfD-Kandidat verbreitete Verschwörungserzählungen

Der Kontakt zur AfD sei über die Stadtratsfraktion zustande gekommen, sagte der Tischlermeister vor seiner Wahl. „Man ist auf mich zugekommen, es hat gepasst, und man hat mich einstimmig aufgestellt“. Eine Mitgliedschaft in der AfD schließt Lochner aber aus. „Ich war zuvor Mitglied bei der CDU, habe das Parteibuch aber zurückgegeben. Jetzt will ich kein Parteimitglied mehr sein.“

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Das Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen hatte die sächsische AfD kürzlich als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Die Frage, ob er nach dieser Einstufung ein Problem damit habe, für die AfD ins Rathaus zu ziehen, verneinte Lochner nach seiner Wahl am Sonntagabend.

Angesprochen auf seine früheren Äußerungen zu einem „Bevölkerungsaustausch“ – eine in rechten Kreisen verbreitete Verschwörungserzählung – betonte Lochner, dass er dies als Privatperson gesagt habe. Er fügte hinzu: „Wenn wir einen Ausländeranteil in gewissen Stadtteilen haben von 38 Prozent an Grundschulen und Kitas, dann ist das für mich schon ein Austausch der einheimischen Bevölkerung.“