Berlin. Corona kostet in Deutschland täglich Dutzende Menschenleben. Trotz Covid-Impfung. Besonders eine Gruppe hat ein hohes Sterberisiko.

  • Mit dem Auftreten der Omikron-Variante hat das Coronavirus an Gefahr verloren
  • Doch der Schein trügt: Denn für einige Menschen ist das Virus noch immer tödlich
  • Wer gehört zur Risikogruppe?

Corona ist im sommerlichen Deutschland kein Aufregerthema mehr. Die Stimmung ist ausgelassen. Die Schutz-Maßnahmen sind nahezu vollständig aus dem Alltag verschwunden. Und fast 32 Millionen Menschen hierzulande haben die Infektion nach offiziellen Zahlen ohnehin bereits hinter sich. Die tatsächliche Zahl dürfte wegen der hohen Dunkelziffer sogar weit darüber liegen.

Hinzu kommt, dass laut Robert-Koch-Institut (RKI) 51,5 Millionen inzwischen eine oder sogar schon zwei Auffrischungsimpfungen haben. Sorglosigkeit ist somit bei vielen eingekehrt. Und doch sterben auf Deutschlands Intensivstationen nach wie vor Menschen an Covid-19. Während die große Mehrheit die Pandemie vergessen hat, ist sie für andere weiterhin tödlich.

Corona: Noch immer täglich weit über 100 Todesfälle

Das zeigen eindrücklich die Zahlen zu den verstorbenen Covid-Patienten. Es sind Hunderte jede Woche. Allein am Dienstag meldete das RKI 146 neue Todesfälle. An den Tagen zuvor waren es sogar noch mehr. Und vor allem eine Gruppe ist stark betroffen: die Älteren. Sie sind es auch, die weiterhin besonders schwer erkranken und in den Kliniken behandelt werden müssen.

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Laut den Zahlen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) trifft das Virus Menschen ab 60 Jahren besonders stark. Dreiviertel aller schwer Erkrankten gehören dieser Gruppe an. 31,5 Prozent der Covid-Intensivpatienten sind zwischen 70 und 79 Jahre alt. Ein Anteil von 24,3 Prozent ist über 80, weitere 23,7 Prozent zwischen 60 und 69.

Zum Vergleich: Lediglich 10 Prozent der schwer erkrankten Patienten sind in ihren Fünfzigern. Mit weiter abnehmendem Alter sinkt der Anteil in den niedrigen, einstelligen Bereich. Divi-Chef Gernot Marx sagte unserer Redaktion, für Menschen über 60 sei somit auch „das Risiko deutlich höher, an Corona zu sterben“.

Ältere Menschen mit Vorerkrankungen haben noch immer ein höheres Corona-Risiko

Häufig handele es sich um Patientinnen und Patienten, die andere Vorerkrankungen hätten, die mit einer Schwächung des Immunsystems einhergehen. „Diese Menschen sind deutlich stärker gefährdet, wenn sie sich zusätzlich mit dem Coronavirus infizieren. Viele überleben es nicht“, sagt Marx.

Und das, obwohl viele geimpft und damit eigentlich besser vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt gewesen seien. „Aber man muss auch sagen: Der Schutz beträgt trotzdem nicht 100 Prozent. Es bleibt ein Risiko, sich zu infizieren und auch mit einer dreifachen Impfung schwer zu erkranken oder im schlimmsten Fall sogar daran zu sterben“, betont Marx.

Denn oft seien die Menschen schon schwer krank, bevor sie Covid bekämen. Die Corona-Infektion verschlechtere ihren Zustand häufig sehr. „Es wäre aber falsch, den Rückschluss zu ziehen, die Immunisierung bringe nichts oder sei nicht wirksam“, betont der Mediziner. Denn man wisse nicht, „wie die Lage aussähe, wenn es die Impfung gar nicht gäbe“.

Intensivstationen: Mediziner nennt Lage dort aktuell beherrschbar

Die Situation auf den Intensivstationen bezeichnet Marx als aktuell „beherrschbar“. Von aktuell 18.000 belegten Intensivplätzen bundesweit seien nur knapp 1000 von Covid-Patienten besetzt. Zu Weihnachten 2020, einer Hochphase der Pandemie, waren dagegen mehr als 5500 Intensivbetten belegt. Auch von Jüngeren.

Die Liegezeiten von Covid-Erkrankten auf den Intensivstationen haben ebenfalls deutlich abgenommen. Ende vergangenen Jahres seien es zwischen 16 und 20 Tage gewesen, inzwischen sei die Aufenthaltsdauer deutlich geringer.

Nicht zuletzt um Ältere und andere Risikogruppen vor möglichen neuen Wellen und Virus-Varianten im Herbst und Winter zu schützen und damit schwere Erkrankungen zu verhindern, will das Bundeskabinett an diesem Mittwoch eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes beschließen. Die derzeitigen Corona-Regeln laufen Ende September aus. Daher drängt die Zeit.

Lauterbach und Buschmann legen Novelle des Infektionsschutzgesetzes vor

Die jüngst von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vorgelegten Eckpunkte für eine Neuregelung hatten heftige Kritik ausgelöst. Sie bezieht sich vor allem auf die geplante Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen sowie auf die Bestimmungen zur Befreiung von der Maskenpflicht.

Viele Experten und Landespolitiker fürchten ein erneutes Corona-Wirrwarr. Dem Vernehmen nach sollen Lauterbach und Buschmann ihren Entwurf nun beim Thema Maskenpflicht auf Druck der Länder abgeändert und aus der Pflicht eine Art Kann-Regelung gemacht haben. An diesem Mittwoch werden die Details bekannt.

Intensivmediziner fordern „Instrumentenkoffer“ für den Corona-Herbst

Bayerns Gesundheitsminister, Klaus Holetschek (CSU), sagte unserer Redaktion: „Wichtig ist, dass keine Regelungen vorgegeben werden, die an der Praxis vorbeigehen und nicht umsetzbar sind.“ Die Länder benötigten Instrumente für einen wirksamen Infektionsschutz. Es gehe vor allem um die Menschen, „die mit den Regeln im Herbst und Winter leben müssen und einen möglichst guten Schutz brauchen“.

Auch Marx ruft die Politik mit Blick auf die kommenden Monate zu entsprechenden Corona-Vorkehrungen auf. „Es sollte jetzt festgelegte Konzepte geben, die sich sofort auf die jeweilige Situation anwenden lassen, ohne dann noch lange und zeitaufwendige Diskussionen führen zu müssen“, betont der DIVI-Präsident. Es müsse „einen Instrumentenkoffer geben, den man in gewissen Krisensituationen nutzen kann“. Das Maske-Tragen könne hier dazu gehören. Es sei erweisen, dass dies „eine der besten und sinnvollsten Maßnahmen ist, um sich vor Corona zu schützen“.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.