Berlin. Mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand? Wer weiterarbeitet, kann seine Rente deutlich aufstocken. Wir zeigen wie.

  • Die Rente ist bei vielen Menschen nicht hoch genug
  • Wer sich dazu entscheidet, nach dem Renteneintrittsalter weiterzuarbeiten, kann die Rente deutlich erhöhen
  • Wir zeigen, wie lange Rentnerinnen und Rentner dafür arbeiten müssen

Das Renteneintrittsalter rückt immer näher und damit auch der Abschied vom Job. Das muss aber nicht zwangsläufig so sein. Denn wer länger oder wieder arbeiten möchte, kann das natürlich jederzeit tun. Sofern es die Gesundheit und die Art der Arbeit es erlauben. Vor allem lohnt sich das Weiterarbeiten nicht nur, weil es natürlich auch weiterhin Gehalt gibt, sondern auch weil sich die Rentenbezüge damit teils deutlich steigern lassen.

Länger arbeiten und damit die Rente steigern, ist im Prinzip auf zwei Wegen möglich. Einer der beiden erfordert mehr Weitsicht, ist dafür aber auch der weitaus lukrativere. Wer vorausplant und weiterarbeitet, statt in den Ruhestand zu gehen, bekommt nach einem Jahr Arbeit häufig 100 Euro Rente mehr – pro Monat. Hier lesen Sie, wie das geht.

Version 1: Freiwillig auf Rente verzichten und Zuschläge kassieren

Grundvoraussetzung für die lukrativere Variante ist der zeitweise Verzicht, überhaupt in Rente zu gehen, obwohl die Berechtigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze gegeben wäre. Dann nämlich erhöhen sich die Bezüge über den Zugangsfaktor um 0,5 Prozent je Monat Mehrarbeit. Macht jedes Jahr satte sechs Prozent mehr Rente nur durch Zuschläge.

Dazu zahlen Sie und ihr Arbeitgeber weiterhin von ihrem Gehalt in die Rentenversicherung ein und erwerben dadurch mehr Entgeltpunkte. Auch dadurch erhöhen sie ihre Rentenansprüche. Für einen Entgeltpunkt müssen Sie ein Jahr lang brutto genauso viel verdienen, wie der Durchschnitt der gesetzlich Versicherten.

Für 2022 liegt das vorläufige Durchschnittsgehalt bei 38.901 Euro (alte Bundesländer) und 37.333 Euro (neue Bundesländer). Ein ordentlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, als das Durchschnittsgehalt noch 41.541 Euro (alte Bundesländer) und 39.338 Euro (neue Bundesländer) lag. Heißt: Weiter arbeiten lohnt sich gerade 2022, weil die Entgeltpunkte "günstiger" geworden sind. Und auf diese Entgeltpunkte werden wiederum die Zuschläge angerechnet.

Vereinfachte Beispielrechnung:

  • Eine Bäckerin aus Essen hätte Ende 2021 nach Erreichen der Regelaltersgrenze mit 40 Entgeltpunkten und monatlichen Bezügen von 1367,60 Euro in Altersrente gehen können
  • Sie entscheidet sich aber noch das Jahr 2022 dranzuhängen und verdient in dieser Zeit brutto 30.000 Euro. Mit dem Durchschnittseinkommen verrechnet, erwirbt sie dadurch rund 0,77 Entgeltpunkte
  • Dazu kommen die Zuschläge über den Zugangsfaktor von 0,5 Prozent pro Monat also insgesamt 6 Prozent auf die gesammelten Entgeltpunkte von nun 40,77
  • Die Bäckerin aus Essen bekommt nach einem Jahr Mehrarbeit nun eine Rente von rund 1478 Euro
  • Ein Plus von 110,4 Euro im Monat

Rente im Ruhestand steigern: Rechtzeitig planen ist von Vorteil

Warum aber erfordert diese Variante der Mehrarbeit gute Planung? Nun zunächst einmal müssen Sie natürlich mit ihrem jeweiligen Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung rechtzeitig abklären. Seit 2014 geht das übrigens ganz flexibel. Sie können die Weiterarbeit statt unbefristet auch auf eine bestimmte Zeit festlegen. Genauso ist es Ihnen und Ihrem Arbeitgeber überlassen, ob Sie in Voll- oder Teilzeit weiterarbeiten.

Ein weiterer Punkt: Die Entscheidung, ohne die Inanspruchnahme der Rente weiterzuarbeiten, sollten Sie aufgrund der Anträge rechtzeitig treffen. Praktischerweise müssen Sie keinen Antrag stellen, wenn Sie die Rente nicht beziehen wollen. Denn in Deutschland gilt: ohne Antrag gibt es keine Rente. Das bedeutet aber auch: Wenn Sie Rente beziehen wollen, so empfiehlt es die deutsche Rentenversicherung, sollten Sie den Antrag spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Rente einreichen.

Weiter arbeiten statt Rente: So hoch fällt das Plus für Sie aus

Als Entscheidungshilfe, haben wir Ihnen in der folgenden Tabelle einmal vereinfacht ausgerechnet, welches Plus an monatlicher Rente Sie je nach Gehalt und Rente nach einem Jahr Mehrarbeit erhalten würden (Dafür wurden die aktuellen Werte aus dem Jahr 2022 für die alten Bundesländer und die Eckrente von 1538,55 Euro benutzt):

Monatsgehalt bruttoPlus nach 1. JahrPlus nach 2. Jahr
1500109 Euro pro Monat220 Euro pro Monat
2000115 Euro pro Monat232 Euro pro Monat
2500120 Euro pro Monat244 Euro pro Monat
3000126 Euro pro Monat256 Euro pro Monat
3500131 Euro pro Monat267 Euro pro Monat
4000137 Euro pro Monat279 Euro pro Monat

Übrigens sind das immer noch nicht alle Vorteile, wenn Sie statt Rente zu beziehen weiter arbeiten. Denn auf ihr Gehalt müssen Sie keine Abgaben mehr für die Arbeitslosenversicherung zahlen. Sollten Sie nach Erreichen der Regelaltersgrenze arbeitslos werden, dann beginnt ganz einfach ihre Rente.

Zudem müssen Sie, wenn Sie weiterarbeiten wollen, nicht ganz auf ihre Rente verzichten. Sie können sie auch vermindert als Teilrente zusätzlich zu ihrem Gehalt in Anspruch nehmen. Auch dann erhalten Sie die Zuschläge über den Zugangsfaktor. Allerdings nur auf den Teil der Rente, den Sie sich noch nicht ausbezahlen lassen.

SystemDie gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip.
Renten-ArtenGrund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente
AusnahmenSelbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit.
FinanzierungDie gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert.
ProblemeDie Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland.
Drei SäulenDie Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge.
UrsprungDie gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt.

Version 2: Rente voll in Anspruch nehmen und "nebenher" arbeiten

Die zweite weniger lukrative Version des Arbeitens im Alter ist die wesentlich häufigere. Es geht dabei um Rentner und Rentnerinnen, die zwar schon ihre volle Altersrente beziehen, im Ruhestand aber wieder angefangen haben zu arbeiten.

In diesem Fall sind sie von der Pflicht in die Rentenversicherung einzuzahlen befreit. Sie können dies jedoch freiwillig tun und damit ihre Rente im nächsten Jahr zum 1. Juli erhöhen. Konkret: Sie verdienen zusätzliche Entgeltpunkte. Allerdings gibt es dann für Sie nicht die Zuschläge über den Zugangsfaktor. Deswegen lohnt sich die freiwillige Zahlung in die Rentenversicherung nicht immer.

Zum Beispiel in einem Minijob. In diesem müssten Sie 3,6 Prozent von 450 Euro in die Rentenversicherung einzahlen. Das sind 16,20 Euro pro Monat. Dafür steigt Ihre Rente laut Deutscher Rentenversicherung (DRV) aber nur im Schnitt um monatlich 4,50 Euro. Übrigens ist Ihre Entscheidung über freiwillige Einzahlungen in die Rente für die Dauer des Minijobs verpflichtend. Die Möglichkeit von befreit auf freiwillig zu wechseln, haben Sie pro Job nur einmal.

Rente erhöhen: Sonderregelung beim Midijob kann sich lohnen

Für Gehälter zwischen 450 Euro und 1300 Euro gelten die Regeln für Midijobs. Dann müssen Sie auch nicht den vollen Beitragssatz zur Rente auf Ihr Gehalt zahlen. Die Höhe der Beiträge richtet sich dabei indivdiuell nach der Höhe ihres Verdienstes und kann bei der DRV erfragt werden. Beiträge aus Midijobs zu zahlen, kann sich schon eher lohnen. Sie zahlen nämlich den geringeren Beitragssatz, indem ihr Gehalt von der DRV fiktiv heruntergerechnet wird. Für ihre Rentenansprüche wird aber die tatsächliche Höhe ihres Gehalts angerechnet.

Ab eines Gehalts von mehr als 1300 Euro zahlen Sie wieder Ihre volle Hälfte des Beitragssatzes von 9,3 Prozent. Verdienen Sie beispielsweise ein Jahr lang 1301 Euro, würden Sie ihre Rente ab dem nächsten Jahr um monatlich gut 13,70 Euro steigern. Dafür müssten Sie aber auch monatliche Beiträge von rund 121 Euro zahlen.

Haben Sie die Regelaltersgrenze erreicht müssen Sie sich übrigens keine Sorgen um die Hinzuverdienstgrenze machen. Diese gilt nur für vorgezogene Altersrenten.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.