Passau. Nach der zweijährigen Corona-Pause luden die Parteien wieder zu ihren Aschermittwochs-Kundgebungen ein. Wo es besonders zur Sache ging.

Nicht nur die Karnevalisten mussten zwei Jahre lang ihr Treiben wegen Corona und dem Krieg in der Ukraine einstellen, auch der traditionelle politische Schlagabtausch am Aschermittwoch entfiel. Folglich waren die Erwartungen vor allem an den Auftritt des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) in Passau besonders groß. Denn in diesem Jahr ist in Bayern Wahl. Am 8. Oktober wird ein neuer Landtag gewählt. Alle größeren Parteien im Freistaat hatten ihre eigenen Veranstaltungen geplant. Es ging ums Einschwören der Parteibasis und entsprechend deftig fielen diesmal die Attacken gegen die jeweiligen politischen Gegner aus.

„Wir rücken zusammen und stellen uns für die Landtagswahl auf. Das wird ein Marathon mit Volldampf“, sagte CSU-Chef Söder. Erstmals seit zwei Jahren konnte der CSU-Vorsitzende wieder vor der voll besetzten Passauer Dreiländerhalle gegen politische Mitbewerber austeilen. Ein Termin, der Söder durchaus liegt. Und den er in der Vergangenheit genutzt hatte, um sich als stärkster Mann der Union und möglicher Kanzlerkandidat zu beweisen.

Doch diesmal nicht. Gleich zu Beginn blieb er beim Thema Landtagswahl, da sei die Ausgangslage sowieso besser als 2018 und „viel besser als nach der Bundestagswahl 2021“, so Söder. „Die Umfragen sind wieder stabil, die Tendenz geht nach oben“, sagte Söder. Alle aktuellen Umfragen sehen beste Chancen, dass die CSU ihre derzeitige Regierungskoalition mit den Freien Wählern fortsetzen kann. Eine Koalition mit den Grünen schloss Söder erneut aus: „Wir machen kein Schwarz-Grün in Bayern.“

Söders erklärter Hauptgegner: Die Grünen

Sein Hauptgegner waren in der fast zweistündigen Rede dann auch die Grünen, auf die hatte er sich eingeschossen, warnte, die Grünen seien ein Sicherheitsrisiko für Deutschland und forderte Bundeskanzler Olaf Scholz auf, seine Außenministerin einzuhegen: „Diese feministische Außenpolitik von Annalena Baerbock – ist das Außenpolitik oder Missionierung?“, fragte Söder und schob nach: „Am grünen Wesen soll wohl die Welt genesen.“ Deutschland werde auf diese Weise zur „einsamen Frau in Europa“, polterte der CSU-Chef und stieg damit noch auf die Genderdebatte ein. Bayern sei „kein Zwangsstaat sondern ein Freistaat“, wo jeder sprechen und essen dürfe, was er oder sie wolle, sagte Söder unter lautem Beifall.

Für Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihre Kollegin Nancy Faeser (SPD) fand CSU-Chef Markus Söder wenig lobende Worte in seiner Rede am Aschermittwoch.
Für Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihre Kollegin Nancy Faeser (SPD) fand CSU-Chef Markus Söder wenig lobende Worte in seiner Rede am Aschermittwoch. © dpa | Fabian Sommer

Gegen die Ampel-Regierung im Bund fuhr Söder erwartungsgemäß scharfe Geschütze auf. „Dies ist die schlechteste Bundesregierung, die Deutschland je hatte“, sagte der bayerische Landeschef unter dem tosenden Applaus von rund 4000 Parteianhängern in Passau. „Alle reden von Zeitenwende, aber bisher ist es nur eine Zeitlupe.“ Der Kanzler solle nicht durch die Welt reisen, sondern sich um die Probleme in der Heimat kümmern, wie die Flüchtlingsdebatte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) habe beim Gipfel mit ihren Länderkollegen jedenfalls wenig überzeugt, sagte Söder. Wenn Faeser nicht bald Vorschläge mache, wie der Migrantenzuzug gesteuert werde, die Kommunen entlastet würden und mehr Geld bekommen könnten, „dann wird sie die nächste Frau Lambrecht im Kabinett von Scholz“, sagte Söder. Die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte ihr Amt nach dem Jahreswechsel abgegeben, nachdem sie monatelang in der Kritik stand.

Der Franke sieht sein Heimatbundesland generell benachteiligt. Er beklagte, dass es keinen direkten Vertreter Bayerns in der Bundesregierung gebe und unterschlug damit Claudia Roth, die als Staatsministerin für Kultur und Medien durchaus Teil des Kabinetts ist.

Auch Berlin bekam in Söders Aschermittwochsrede sein Fett weg. Der CSU-Chef forderte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) auf, endlich das „demokratische Ergebnis“ zu akzeptieren und ihren Stuhl zu räumen. Bei der Berlinwahl Mitte Februar war erstmals seit über zwanzig Jahren die CDU stärkste Kraft geworden. Doch das bisherige Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und Linken behält insgesamt eine Mehrheit und könnte damit die Koalition weiterführen.

Söder droht erneut mit Klage gegen Länderfinanzausgleich

Insgesamt lies Markus Söder keine Zweifel daran, welches Bundesland für ihn das schönste ist: Bayern habe das beste Essen und „bundesweit die niedrigste Kriminalitätsrate“. In Berlin sei sie dagegen „übrigens dreimal so hoch“, ätzte der CSU-Mann. Solange das amtierende Linksbündnis in Berlin an der Regierung bleibe, werde der Freistaat „kein Geld mehr nach Berlin über den Länderfinanzausgleich überweisen“, sagte Söder und kündigte einmal mehr an, gegen die aktuelle Regelung zu klagen.

Dabei verschwieg der CSU-Vorsitzende, dass Bayern schon 1999 und 2013 genau das versucht hatte – erfolglos. Zudem hatte seine Partei die aktuelle Regelung vor wenigen Jahren selbst mit auf den Weg gebracht, als sich die Große Koalition mit den Ländern auf eine Neuordnung der Finanzbeziehungen geeinigt hatte. Fakt ist: Zwischen den Bundesländern wurden im Jahr 2021 rund 17 Milliarden Euro umverteilt. Größtes Geberland ist tatsächlich Bayern, es zahlt allein neun Milliarden ein, trägt damit 60 Prozent des Finanzausgleichs.

Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder bedankt sich bei den Zuhörern nach seiner Rede beim Politischen Aschermittwoch in der Dreiländerhalle Passau.
Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder bedankt sich bei den Zuhörern nach seiner Rede beim Politischen Aschermittwoch in der Dreiländerhalle Passau. © dpa | Peter Kneffel

Ruhiger wurde es im Saal, als Söder die Geschichte einer Frau und ihres demenzkranken Ehemanns erzählte. Sie hatte dem bayerischen Landesvater per Brief für das Pflegegeld gedankt, welches das Paar genutzt hatte, um einen Ausflug an die Nordsee zu machen. Söder nutzte die berührende Geschichte, um sich für das bundesweit in dieser Art einzigartige Pflegegeld zu loben. Es blieb die einzige Zäsur in seiner sonst mit markigen Sprüchen gespickten Rede. Dazu bekannte und mitunter flache Witze - ein einfaches Rezept, um die Parteibasis zu unterhalten. Es brachte ihm jedenfalls den gewünschten Effekt: viel Beifall am Ende und zwischendurch.

CSU-Vorsitzende setzt den Fokus voll auf Bayern

Was fehlte? Der staatstragende Teil, mit dem sich Söder als Kanzlerkandidat für die Union empfehlen könnte. Auch CDU-Chef Friedrich Merz erwähnt Söder mit keinem Wort. Der Großteil seiner Rede drehte sich um bayerische Befindlichkeiten von der S-Bahn-Stammstrecke bis zum Raumfahrtprogramm. Hier machte einer klar: sein Fokus liegt in der Heimat, hier möchte er führen. Das „Chaos in Berlin“ sollen bitteschön die anderen regeln. Womöglich eine bewusste Entscheidung. Bis zur nächsten Bundestagswahl dauert es noch zwei Jahre, im Freistaat wird in acht Monaten bereits gewählt.