Berlin. Der Reallohnindex zeigt an, wie sich die Löhne in Deutschland im Vergleich zu den Preisen entwickeln. Die Zahlen für 2022 überraschen.

Die Inflation ist seit Monaten zu spüren: Der Einkauf im Supermarkt ist deutlich teurer als noch vor einem Jahr. Die Regierung führt Energiepreisbremsen ein, um die Bürger bei der Strom- und Gasrechnung zu entlasten und die Zentralbanken erhöhen die Leitzinsen – und bremsen die Wirtschaft damit aus.

Die hohen Lebenshaltungskosten nehmen viele Deutsche mittlerweile zum Anlass, ihre Löhne neu zu verhandeln. Auch deshalb wird 2023 wohl ein heftiges Streikjahr werden. Streiks bei der Deutschen Post oder an den Flughäfen waren ein erster Vorgeschmack darauf.

Inflation: Wie stark sind die Löhne im Verhältnis gefallen?

Und die Streikenden haben allen Grund, höhere Löhne zu verlangen, wenn man auf die nackten Zahlen blickt. Denn die Reallöhne sind 2022 zum dritten Mal in Folge gesunken. Das geht aus Zahlen hervor, die das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Demnach stiegen die Löhne der Deutschen 2022 im Schnitt zwar um 3,5 Prozent, die Verbraucherpreise stiegen allerdings um 6,9 Prozent. Insgesamt hatten Verbraucher damit im Durchschnitt also trotz höherer Löhne 3,1 Prozent weniger in der Tasche als im Jahr zuvor.

Damit handelt es sich um den höchsten Anstieg der Nominallöhne bei gleichzeitig stärksten Reallohnverlust für die Beschäftigten, der seit Beginn der Zeitreihe 2008 in Deutschland gemessen wurde. Seit der Finanzkrise in 2008 ging es mit den Reallöhnen der Deutschen stets moderat nach oben. Doch seit 2020 ist damit Schluss.

Im Corona-Krisenjahr fielen die Reallöhne bereits um 1,1 Prozent. Ausschlaggebend dafür war vor allem, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit geschickt wurden. 2021 fielen sie noch etwas weiter um 0,1 Prozent. Wer nicht will, dass auch 2023 ein Verlustjahr für die Haushaltskasse wird, muss aufgrund der derzeitigen Inflationsrate beim Lohn also nachverhandeln.

Inflation: Wirtschaftsforscher vermuten, dass die Preise nicht weiter steigen

Immerhin: Offenbar ist die Zahl der Unternehmen, die in den kommenden drei Monaten Preiserhöhungen planen, den fünften Monat in Folge zurückgegangen. Das teilt das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch auf der Grundlage einer aktuellen Umfrage unter Unternehmen mit.

Die gaben demnach einen Großteil ihrer gestiegenen Kosten bereits an die Kundinnen und Kunden weiter, zudem lasse derzeit die Nachfrage „in nahezu allen Wirtschaftsbereichen nach“, erklärte das Forschungsinstitut. „Damit dürfte der Inflationsdruck in den kommenden Monaten abnehmen“, glaubt man beim Ifo-Institut. (mit dpa/AFP)