Jena. Kunstverein zeigt gemalte Fotografien von Carolin Gasse und Plastiken von Peter Wackernagel

Mit vier spannenden Doppelausstellungen spannt der Jenaer Kunstverein in diesem Bauhaus-Jubiläumsjahr und unter dem Motto „Dialektik der Formen – ­Dialektik der Moderne“ einen Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen verschiedenen Gattungen und Materialien.

Heute Abend, 19 Uhr, startet in Anwesenheit der Künstler mit der Vernissage die nunmehr dritte Ausstellung in dieser Reihe: Gemalte Fotografien von Carolin Gasse (Weimar) treffen mit flächigen Plastiken von Peter Wackernagel (Jena) zusammen. Wieder lebt die Schau von den Gegensätzen: Zweidimensionales zu Dreidimensionalem, Figürliches zu Abstraktem, weiche Linien zu harten Kanten. Zwei spannende junge Künstler präsentieren sich in Jena, die mit ihren Arbeiten beim Betrachter erst einmal Irritationen erzeugen.

Die 26-jährige Carolin Gasse stellt neun groß- und mittelformatige, farbenfrohe, inszenierte und vor allem gemalte Fotografien aus. Den Werken geht eine lange Vorarbeit und große Akribie voraus. Denn, mit einer Bildidee im Kopf, arrangiert sie zunächst ihr Motiv, bemalt Kleidung und Haut von Personen sowie Objekte mit Farbe und arrangiert alles in einer bestimmten Position zu einem Gesamtkunstwerk. Daraus entsteht wiederum das eigentliche Kunstwerk, das Foto. Zumeist ist das Umfeld recht nüchtern – die normale, unbemalte Realität eines Fotostudios, die einen bildimmanenten Rahmen für das Sujet bietet. Im Fokus stehen soziale Situationen, intime Momente der Begegnungen. Eine nackte Frau in der Badewanne, eine entspannte Frühstückssituation. Mitunter gehen Bildvorder- und Bildhintergrund farblich und stilistisch in einander über, verwischen noch mehr die einzelnen Ebenen, mit denen Carolin Gasse spielt. Somit forciert sie das Nachdenken über die Realität des Wahrgenommenen und die Möglichkeiten der Wahrnehmung angesichts wechselnder Ebenen und hinterfragt zugleich die Funktion der beiden Medien Malerei und Fotografie.

Auch Peter Wackernagel, 1984 in Magdeburg geboren, spielt mit Oberflächen und Dimensionen, mit der Simulation von Licht und Schatten. Mit seinen geometrisch-konstruktiv konzipierten Objekten thematisiert er das Spannungsfeld zwischen Raum und Fläche, erschafft zugleich irritierende räumliche Wirkungen. Entstanden sind seine Entwürfe zunächst am Computer, wo er die geometrischen Formen zu ungegenständlichen 3-D-Gebilden arrangiert. Scharfkantig und distanziert scheinen diese nun aus seiner virtuellen Welt in die Realität gefallen zu sein und berichten in ihrer Kühle und Perfektion von imaginären Räumen. „Klumpen“ nennt er beispielsweise jene dreiteilige, silbrig glänzende, kühle Arbeit in der ersten Ausstellungsetage. Auch hier ist eine akribische Auseinandersetzung mit dem Oberflächenmaterial und dem arrangieren der Flächen und Kanten vorangegangen.

Vernissage: Heute, 19 Uhr, Jenaer Kunstverein e.V., Stadtspeicher, Markt 16; geöffnet: Mi, Fr, Sa 12–16 Uhr, Do 12–19 Uhr. Eintritt frei