Jena. Nach stehenden Ovationen für Roberto Fonseca und die Philharmonie ersingt sich das Publikum der Kulturarena die dritte Zugabe.

Nun, Roberto Fonseca ist kein Junge mehr und dem Wunderkinderalter längst entwachsen. Doch „Kann der Junge spielen!“, das hat Ibrahim Ferrer (1927-2005) gesagt, der legendäre Sänger des hierzulande spätestens seit Wim Wenders’ Dokumentarfilm zu ungeheurer Popularität gelangten „Buena Vista Social Club“.

Mehr Lob geht eigentlich nicht und allein die Tatsache, dass Ferrer den „Jungen“ als Nachfolger des verstorbenen Ruben Gonzalez in den Club der alten Herren holte, spricht für sich. So ist die Kulturarena Jena denn auch zum Konzert „Roberto Fonseca meets Jenaer Philharmonie“ total ausverkauft.

Rückt zusammen, werden die Leute aufgefordert und auch auf der Bühne ist es eng. Der in Argentinien geborene und in Wien lebende Italiener Pablo Boggiano muss sich, über Kabel steigend und zwischen Instrumenten hindurch, zum Pult schlängeln. Mit Boggiano leitet ein Mann dieses neue Crossover-Projekt der Jenaer, der in diesem Jahr bereits mit dem Roberto-Fonseca-Quartett und dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich im Festspielhaus St. Pölten eine kubanische Nacht zelebrierte. An der Saale wird es unter freiem Himmel noch kubanischer.

Dass die Jenaer Musiker Freude an Crossover und ungewöhnlicher Zusammenarbeit haben, haben sie hinlänglich bewiesen; ob mit der Jenaer Brass Band BlechKlang, mit UWAGA!, E.S.T. oder „Hildegard lernt fliegen“. Doch Kuba zum Klingen gebracht, hat Thüringens größtes Konzertorchester vor diesem Donnerstag noch nie, und so ein Weltstar wie Roberto Fonseca ist noch eine neue Hausnummer.

Publikum ersingt sich aus voller Kehle die Zugabe

Gelobt sei, wer diesen Plan fasste! Gepriesen, wer an ihm festhielt, gefeiert seien alle an diesem einzigartigen Abend Beteiligten! Auch wenn sich bei der letzten Zugabe das Tastengenie Fonseca hinreißen ließ und ihnen mit seinem atemberaubenden Können ein bisschen die Show stahl.

Wer wollte es ihm übel nehmen, hatte sich das Publikum zuvor doch, aus kollektivem Bauchgefühl, ohne jegliche Animation, allein hingerissen von einem einzigartigen Musiker und der unwiederbringlichen Chance, ihn leibhaftig zu erleben, aus voller Kehle diese letzte Zugabe ersungen. Da sage noch mal einer, in diesem Land ginge Singen nur im Fußballstadion.

Crossover das große Jenaer Orchester und Fonseca an Piano und Keyboards, mit seinen ebenfalls glänzenden Musikern Ruly Herrera (Schlagzeug), Adel Gonzalez (Percussion) und Yandy Martinez (Bass), das hieß vor allem, einen hinreißenden Dialog zu erleben. Ein Zwiegespräch der Instrumentengruppen des Orchesters mit Fonsecas Klavierspiel, mit den immer sofort eine tropische Nacht zum Leben erweckenden Congas.

Ein Zwiegespräch von Keyboards und Streichern, von Piano und Piccolo, und das unter Boggianos souveränem Dirigat im atemberaubenden Wechsel von Rhythmen und Tempi. Das war wirklich „sexy“, genau wie Fonseca es zu Beginn sagte, dass er sich freue auf das Konzert mit dem sexy Orchester und einem sexy Dirigenten.

Fonseca arbeitete mit Jazzstars wie Herbie Hancock zusammen

Allein zu sehen, wie Roberto Fonseca, ohne auch nur einmal einen Blick auf die Tasten zu werfen, am Flügel sitzt, diese Gleichzeitigkeit von Körperspannung und Lässigkeit zu erleben, seinen Anschlag zu hören, so unvergleichlich präzise und klar, ist ein Erlebnis sondergleichen. Von dem, was man zu hören bekommt, ganz zu schweigen. Der 1975 in Havanna geboren Pianist begeistert sein Publikum, seit er, gerade mal fünfzehn, beim International Jazz Plaza Festival in Havanna auftrat. Seit 1999 nimmt er eigene Kompositionen auf.

Er begleitete die Heroen vom Buena Vista Social Club und widmet in Jena ausdrücklich einen Titel seinem Förderer Ibrahim Ferrer und Omara Purtuondo. Auch die große alte Dame war schon vor Jahren in Jena dank Kulturarena. Fonseca arbeitete mit Jazzstars wie Herbie Hancock zusammen, produziert Alben, spielt Tourneen und traf nun die Jenaer Philharmonie zu einem Konzert auf Augenhöhe.

Ob Mambo, Cha-Cha-Ca, Tango, Bolero, Salsa, Jazz, Big Band –wie im Flug waren neun Titel gespielt. Bei manchen Konzerten ist das Publikum in der Kulturarena locker drauf und mehr an Essen, Trinken und Kommunikation interessiert als an den Interpreten. An diesem Abend war das anders.

Die Aufmerksamkeit war ganz auf die Bühne fokussiert. Als wolle man keine Nuance verpassen. Wie gebannt von atemberaubender Musikalität scheinen die Leute sich nicht zu trauen die Musiker lautstark zu feiern, bevor sie nicht den letzten Ton aufgesaugt haben.

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