Krölpa. Pastorin Ute Thalmann nutzt Tag der offenen Gärten, um an einer der einflussreichsten deutschen Dichter der neueren Zeit zu erinnern

Wenn von den großen Namen der deutschen Literatur die Rede ist, denkt man schnell an Goethe und Schiller. Vielleicht schleichen sich noch Rilke und Brecht in die Erinnerung. Johannes Bobrowski ist leider zu selten in der Riege der ersten, die man nennt, an die man denkt. Zu Unrecht, vor allem dann, wenn man weiß, dass der 1917 in Tilsit geborene Schrift­steller nicht nur einer der einflussreichsten deutschen Autoren der neueren Zeit war. Gerade vor dem Hintergrund, dass Krölpa eine wichtige persönliche, aber auch seine Arbeit betreffende Station seines Lebens war, sollte der Name Johannes Bobrowski in der Region eine wesentlich bedeutendere Rolle spielen, als es derzeit der Fall ist.

Dies zu betonen, wird unter anderem Pastorin Ute Thalmann nicht müde, die am Sonntag zum Tag der offenen Gärten in den Pfarrgarten Krölpa einlud und dies zum Anlass nahm, einmal mehr an Bobrowski zu erinnern. Seine Schwester nämlich lebte im Pfarrhaus, in welchem sich Bobrowski selbst in den 1950ern zwei Mal aufhielt.

Gut 40 Interessierte lauschten der anspruchsvollen Lesung von Martin Stiebert, der zum dritten Mal in Folge in Krölpa zu Gast war, um Texte des 1965 verstorbenen Schriftstellers zu lesen. Dieses Mal stand Litauen im Fokus, und nicht nur Bobrowski kam dabei zu Wort, sondern auch Autoren wie Czeslaw Milosz, Adam Mickiewicz und Kristijionas Donelaitis. Sie alle verbindet die Liebe zu Litauen, diesem Landstrich im Baltikum, was in der gut eineinhalbstündigen Lesung deutlich wurde.

Verstärkung bekam Stiebert vom professionellen Akkordeonspieler Oliver Räumelt aus Weimar, der zwischen den Texten einmal mit klassischen Wiener Walzern ein kulturelles Ambiente schuf, einmal mit Klezmer-Liedern sich geografisch an Litauen annäherte.

Stieberts Art zu lesen, begeisterte nicht nur, weil er deutlich und betont, aspektiv und informativ las, sondern auch weil er es schafft, ohne großen stimmlichen Aufwand Protagonisten der verschiedenen Werke einen eigenen Charakter zu geben. Dabei setzte Stiebert nicht auf Diversität der Tonlage, sondern schlicht auf stilistische Mittel des Lesens. So schafft er eine Unterschiedlichkeit zwischen verschiedenen Stimmen, verschiedenen Personen. Allein das war sehr beeindruckend und fesselte das Publikum, das trotz der recht kühlen Temperaturen in der Krölpaer Kirche bis zum letzten Ton anwesend war. Man hätte meinen können, dass Bobrowski selbst im Podium sitzt und seine Werke vorträgt. Stiebert gelang eine wunderbare Parallele zwischen den teilweise sehr anspruchsvollen Texten und Unterhaltung, zumal er viel biografisches Wissen um Bobrowski und das literarische Litauen streute, was Räumelt gekonnt musikalisch abrundete.

Im Pfarrgarten selbst genossen am Nachmittag gut 40 Menschen das schöne Wetter bei Bratwurst und Blasmusik. Der Tag der offenen Gärten in Krölpa, kulturell vielfältig organisiert, wird sicher auch im nächsten Jahr viele Gäste in das wunderbare Ambiente locken.