Erfurt. Deutliche Kritik gibt es von Naturschützern an den Schneetransporten nach Oberhof. Ab 2023 will Thüringen Schnee ökologisch produzieren.

Seit dem 14. Dezember hat es in Oberhof nicht mehr geschneit. Das dokumentiert die Internetseite der Wintersportgemeinde. Im Gegensatz zu den Vorjahren sind Anfang Januar keine Loipen gespurt und die Skilifte nicht im Wintersportbetrieb. Null Zentimeter Schnee vermeldet die Internetseite der Stadt. Trotzdem soll sich auf dem Kamm des Thüringer Waldes die Biathlon-Elite ab dem 9. Januar zum Weltcup treffen.

Um die Wettkämpfe abzusichern, wird seit Donnerstag per Lkw gebrauchter Kunstschnee aus dem Ruhrgebiet, genauer gesagt: aus Gelsenkirchen, nach Oberhof gebracht. 30 bis 35 Lastwagen liefern rund 2000 Kubikmeter Schnee. Das bringt Oberhofs Bürgermeister Thomas Schulz (Freie Wähler) heftige Kritik ein. Der kontert gegenüber dem MDR. Es sei besser, den bereits produzierten Schnee zum Absichern der Wettkämpfe nach Oberhof zu bringen, als ihn schmelzen zu lassen.

Wer internationale Wettkämpfe ausrichte und Sportler aus aller Welt nach Oberhof hole, müsse die Veranstaltung absichern, betont Schulz weiter. Der Wettkampf sei auch wichtig für die Wintersportvereine, die mit dem Geld unter anderem Ausrüstungen für die Nachwuchs-Wintersportler kaufen könnten. Der Schnee aus Gelsenkirchen war im Vorjahr für die „World Team Challenge“ in der Veltins-Arena produziert und anschließend dort gelagert worden.

Massive Kritik an den Schneetransporten übte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die Umwelt werde mit mehr als 12.000 Lkw-Kilometern belastet, heißt es in einer Mitteilung. Der Transport des Schnees sei angesichts des Klimawandels nicht mehr zu verantworten, erklärte BUND-Landesgeschäftsführer Jürgen Vogel. Er verweist auf die Dreck- und Lärmbelästigung und darauf, dass mehr als 4000 Liter Diesel verbraucht würden und etwa zehn Tonnen CO2 freigesetzt würden. Vogel fordert die Landesregierung auf, die Sportförderung stärker auch vom Klimaschutz und der Nachhaltigkeit abhängig zu machen.

Der Oberhofbeauftragte der Thüringer Landesregierung, Hartmut Schubert, reagierte am Freitag auch nicht glücklich über die Schneetransporte, sieht sie aber in diesem Jahr als notwendig an. Spätestens ab 2023 soll für derartige Wettkämpfe in Oberhof Schnee mit erneuerbaren Energien umweltverträglich produziert werden, erklärte er. 2023 ist in Oberhof die Biathlon-Weltmeisterschaft geplant.

Langfristig würden aber auch neue Konzepte für die Wintersportanlagen diskutiert. So soll beispielsweise das Schießstadion für den Biathlon im Sommer auch für Mountainbike-Rennen genutzt werden. Auch seien internationale Wettkämpfe mit Skirollern in den Sommermonaten denkbar. Vorerst werde die Region aber auch am Wintersport festhalten, sagte Schubert.

Der Aufwand, der jetzt betrieben werden müsse, könne keine langfristige Antwort auf die Herausforderung der Klimaveränderung sein, sagte Umweltstaatssekretär Olaf Möller (Grüne). „Vielleicht würde schon ein späterer Termin im Jahr helfen, denn gerade Anfang des Jahres hatten wir den Kälte-Schnee-Engpass schon häufiger“, fügt er an. „Wir müssen uns leider darauf einstellen – und Oberhof tut sicher auch gut daran, seine Attraktivität außerhalb der Wintersportsaison zu stärken.“

Das von der Linkspartei geführte Thüringer Sportministerium verteidigt die Vorbereitungen für den Weltcup vorbehaltlos und verweist auf den Aufwand bei der Vorbereitung und die rund 700 ehrenamtlichen Helfer, aber auch darauf, dass erstklassiger Sport geboten wird, den Zehntausende live und Millionen an den Fernsehern erleben.