Erfurt. Für ein Projekt, das 2020 in Thüringen startet, werden jetzt noch Mitstreiter gesucht.

Thüringens Dörfer haben viel zu bieten: ländliche Idylle, Gemeinschaft, Zusammenhalt. Und dennoch leiden viele Dorfbewohner darunter, dass ihre Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr schlechter wird, immer mehr Geschäfte schließen müssen und der nächste Arzt kilometerweit entfernt ist. „Wir versuchen trotzdem jeden Tag, die Lebensqualität zu verbessern“, sagt Hans-Jürgen Weidt, Bürgermeister der Gemeinde Werther im Landkreis Nordhausen. Er ist überzeugt, dass in der Digitalisierung viele Chancen für den ländlichen Raum liegen. Und darum bringt er sich mit seiner Gemeinde in das Projekt „Digitales Dorf“ ein. Weidts Motivation liegt auf der Hand; er sagt: „Ich bin an allem interessiert, was unsere Dörfer stärkt.“

„Digitales Dorf“ ist ein Projekt, das Michael Tallai, Geschäftsführer der Mediengruppe Thüringen, ins Leben gerufen hat. Sein Ziel ist es, die Digitalisierung im ländlichen Raum voranzutreiben. „Wir wollen wissen, was die Themen der Menschen sind“, sagt Tallai und nennt gleich ein paar Beispiele: Mobilität, Gesundheit, Nahversorgung. Was sich in kleinen Gemeinden als Herausforderung darstellt, könnte durch digitale Vernetzung leichter bewältigt werden, ist der Verlagsmanager überzeugt. Aus eigener Erfahrung weiß Tallai zu berichten, wie schwer es ist, gedruckte Zeitungen in alle entlegenen Orte des Landes zuzustellen.

Auch dafür gäbe es digitale Alternativen, beispielsweise die elektronische Zeitung, also das sogenannte E-Paper.

„Es geht aber um Vernetzung, nicht um Technik“, stellt Heiko Kahl klar. Als Geschäftsführer der Digitalagentur Thüringen gehört er zu den Gründungspartnern im Projekt „Digitales Dorf“. Ferner bringen sich Mitarbeiter der Thüringer Landesmedienanstalt und der Universität Erfurt ein. Weitere Partner werden gesucht, damit sich im Projekt möglichst viele Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft Gedanken über das Dorf der Zukunft machen. „Wie sich Digitalisierung im ländlichen Raum auswirkt, wissen wir in dieser Tiefe noch nicht“, sagt Walter Bauer-Wabnegg, der Präsident der Uni Erfurt. Deshalb habe er großes Interesse an diesem Forschungsprojekt.

Erforscht zu werden, das macht dem Bürgermeister von Werther keine Angst. Im Gegenteil: Er will möglichst viele Multiplikatoren im Dorf auf seine Seite bringen – Ortsteil-Bürgermeister, Ortsteilräte, Vereinsvertreter, Feuerwehrleute. „Wenn es uns gelingt, nur fünf Leute im Dorf zu halten, die nicht wegziehen, war das Projekt ein Erfolg“, sagt Hans-Jürgen Weidt und blickt voller Zuversicht dem Projektstart entgegen.

Losgehen soll es im kommenden Jahr, idealerweise nicht nur mit einem, sondern mit vier „Digitalen Dörfern“. Neben Werther hat auch die Gemeinde Elleben im Ilm-Kreis Interesse signalisiert. Bürgermeister Rudolf Neubig treiben ähnliche Probleme um wie seinen Amtskollegen im Norden; auch er will die Lebensqualität im Dorf steigern, beispielsweise durch digital vermittelte Mitfahrgelegenheiten. Die seien für alte Menschen ebenso wichtig wie für Kinder und Jugendliche, weiß Neubig zu berichten. Alltagshürden im ländlichen Raum sind digital überwindbar. Schon jetzt bieten Firmen und Behörden ihre Dienstleistungen und Produkte im Internet an. Die große Chance im Projekt „Digitales Dorf“ besteht darin, all die Angebote auf einem Online-Marktplatz zu versammeln und zugleich einen neuen Kommunikationsort für Dorfbewohner zu schaffen.

Die Macher des Projektes suchen noch nach aufgeschlossenen Dorfgemeinschaften, vor allem aus Ostthüringen, aber auch nach Unternehmern, die sich selbst und ihre digitalen Angebote einbringen wollen, damit das Leben auf dem Land noch lebenswerter wird.