Erfurt. Das Sozialministerium sieht kaum Möglichkeiten, säumige Elternteile wegen ausgelassener Unterhaltszahlungen nachdrücklicher zur Kasse zu bitten.

Wenn Elternteile den Unterhalt für ihre Kinder nicht zahlen, springt die öffentliche Hand ein. 70,7 Millionen Euro wurden in Thüringen im vergangenen Jahr an Unterhaltsvorschuss gezahlt. Ein spürbarer Anstieg, seit diese Zahlungen per Gesetz zur Jahresmitte 2017 ausgeweitet wurden. Zum Vergleich: 2016 betrug die Gesamtsumme in Thüringen 27,1 Millionen.

Was gut und richtig ist für die Kinder, belastet die kommunalen Haushalte, die sich die Summe mit Bund und Land teilen. Die Kommunen sind mit einem Drittel der Mittel dabei. Weshalb die Familienminister unlängst auf ihrer Tagung in Weimar Druck auf den Bund gemacht haben, sich stärker zu beteiligen und die Finanzfolge-abschätzung zu aktualisieren.

In Gotha zum Beispiel erhöhte sich die Gesamtsumme der Vorschusszahlungen von 1,6 Millionen im Jahr 2016 auf 4,36 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Erfurt rechnet für dieses Jahr mit Zahlungen von 7,5 Millionen Euro, das wären 4,7 Millionen Euro mehr als vor Inkrafttreten der Erweiterungen.

Umgekehrt fiel es den Kommunen schwerer, den Vorschuss von den säumigen Elternteilen zurückzuholen. In Gera zum Beispiel waren es im vergangenen Jahr gerade einmal fünf Prozent der Ausgaben, 2016 war es noch fast dreimal so viel. Ähnlich fällt die Bilanz in anderen Städten und Landkreisen aus.

Arbeitslosigkeit oder zu geringe Einkommen der Unterhaltspflichtigen sind hauptsächlich der Grund, warum die Kommunen auf dem Großteil der Vorschüsse sitzen bleiben. In der Stadtverwaltung Erfurt verweist man außerdem auf die hohe Zahl von Insolvenzverfahren von Unterhaltsschuldnern. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter vorrangig die gestiegene Zahl der Fälle stemmen mussten. In Erfurt sieht man sich mit einem weiteren Problem konfrontiert: Dort hat man zunehmend mit zahlungsunwilligen Elternteilen zu tun, die im Ausland leben. Das erfordere zum Teil aufwendige Recherchen und sei auch eine Kosten-Nutzen-Rechnung.

Säumige Väter oder Mütter mit mehr Druck zur Zahlung zu bewegen, sieht man im Thüringer Sozialministerium skeptisch, viele Schuldner seien zahlungsunfähig und blieben es auch. Zuständig seien die Kommunen, die im Falle von Rückzahlungen auch die Landesanteile behalten. Man geht davon aus, dass die Bemühungen, die Vorschüsse einzufordern, schon aus kommunalem Interesse optimal erfolgen.

Kinder von Alleinerziehenden, die auf Hartz IV angewiesen sind, haben unterdessen nichts von den erweiterten Zahlungen. Nach wie vor wird der Unterhaltsvorschuss auf diese Sozialleistungen angerechnet. Dabei ist das Armutsrisiko gerade bei ihnen besonders hoch.

Eine Schieflage, die auch Familienministerin Heike Werner (Linke) kritisiert. Thüringen habe sich bereits im Bundesrat für eine Abschaffung dieser Anrechnung ausgesprochen. Perspektivisch plädiert sie für eine Einführung einer Grundsicherung.