Fabian Klaus über die Wahl eines AfD-Politikers zum Stadtratsvorsitzenden in Gera.

Gera steht erneut in den Schlagzeilen. Wieder geht es um die AfD. Nachdem die Wähler sich bei der letzten OB-Wahl noch gegen einen Politiker der gerade in Thüringen in weiten Teilen rechtsextremen Partei im Rathaus entschieden hatten, wählten die Stadträte nun einen AfD-Mann zum Vorsitzenden des Gremiums. Dass Vertreter dieser Partei gerade in Thüringen wichtige Posten bekleiden, sollte keine Normalität werden. Allerdings: Gerade auf kommunaler Ebene spiegelt sich darin das Wahlergebnis. Und das zeigt, dass andere Parteien kein entsprechendes Angebot unterbreiten konnten. Die AfD inhaltlich stellen? Davon ist wenig bis nichts zu spüren.

Gefühlt mit der Wahl explodierte dann auch zuverlässig die Twitterblase. Linke wie SPD heben seither den moralischen Zeigefinger und fuchteln damit wie wild umher. Der Schuldige war schnell gefunden: Die CDU soll es wieder einmal ausbaden, weil sie bei der geschichtsträchtigen Ministerpräsidentenwahl am 5. Februar mit der AfD gemeinsame Sache gemacht hatte.

Jetzt soll sie sich für ein mögliches Verhalten ihrer sechs Stadtratsfraktionäre in Haftung nehmen lassen – noch dazu für das Ergebnis einer geheimen Wahl. Zugegeben: Die Wahrscheinlichkeit, dass der AfD-Mann mehrere Unionsstimmen bekam, ist hoch. Dennoch: Das bis auf die Landesebene zu eskalieren, ist denkbar unangebracht.

Sehen Sie hier das Video des Geraer Stadtrates vom Donnerstag, dem 25. September 2020:

Stadtrat Gera als Video: Vorsitz für AfD, Kulturförderung, Freibad

Dort braucht es die CDU. Mit wem soll nochmal der Haushalt beschlossen werden? Wer soll die Hände dafür heben, dass sich der Landtag auflöst und im April Neuwahlen möglich werden?

Die Moralapostel vergessen überdies schnell. Sie haben eigene Probleme im Umgang mit der AfD. Erinnerung gefällig? In Hildburghausen machte die SPD mit der AfD gemeinsame Sache. Im Landtag Thüringen wählte der linke Ministerpräsident sogar einen AfD-Mann zum Landtagsvize-Präsidenten. Alles vergessen, wenn man nur mit dem Finger auf andere zeigen kann – diese moralische Überlegenheit muss man sich leisten können. Linke und SPD können das nicht.

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