Der FC Carl Zeiss Jena jagt dem Berliner AK den Trainer ab. Das mutet angesichts des gesenkten Etats seltsam an. Doch die entscheidende Information fehlt.

Beim FC Carl Zeiss Jena haben sie offenbar vom FC Bayern München gelernt. Die Süddeutschen schwächen gern Wettbewerber, indem sie deren beste Spieler kaufen. Drei Etagen tiefer wandeln die Jenaer auf diesen Spuren. Sie wollen einen Trainer verpflichten, der in der abgelaufenen Regionalliga-Saison gute Arbeit geleistet hat.

Doch die Umstände sind fragwürdig. Erst vor drei Wochen hatte Dirk Kunert seinen Arbeitsvertrag beim Berliner AK verlängert. Natürlich steht eine Ausstiegsklausel darin. Dass aber ausgerechnet ein künftiger Ligakonkurrent anklopft und Geld in der vierten Liga für den Wechsel eines Trainers in die Hand nimmt, verwundert schon. Zumal die Jenaer ihren Etat nach dem Abstieg deutlich reduzieren müssen.

Andererseits dringen selten die vollständigen Modalitäten von Wechseln in die Öffentlichkeit. Letztlich zählt unterm Strich nicht, ob für einen Trainer oder Spieler eine Ablöse fließt, sondern wieviel das Gesamtpaket kostet. Ein Beispiel: Wenn die Jenaer einen Spieler aus einer niedrigeren Liga verpflichten und dafür sogar eine Ablöse zahlen, der Fußballer aber wiederum deutlich weniger verdient als ein anderer, qualitativ gleichwertiger Zugang, kann er trotz der Ablöse in der Gesamtbilanz günstiger sein. Bei vielen Fußballfans schwirrt aber fatalerweise bei jeder Bewertung des Transfers nur die Ablöse im Hinterkopf herum. Vielseitiges Abwägen hilft, Transferentscheidungen zu verstehen.

FC Carl Zeiss Jena: Dirk Kunert vor Unterschrift als neuer Trainer

Eines ist klar: Wer so wie der FC Carl Zeiss Jena bei der Trainersuche auftritt, ist von Beginn an der Gejagte. Jeder Gegner wird mit doppelten Ehrgeiz ins Spiel gehen, wenn der „große“ FC Carl Zeiss vorspielt. Fast wie beim FC Bayern München: Dass allerdings das spielerische Potenzial ligagemessen vergleichbar gut wird, dafür ist noch sehr viel Arbeit des Sportdirektors Tobias Werner nötig. Zur Erinnerung: Bislang besteht die Mannschaft für die neue Spielzeit aus nur drei Spielern.