Berlin. In nahezu allen Bundesländern hat es seit Beginn der Impfkampagne gegen das Coronavirus Angriffe auf Impfzentren oder teils schwere Störungen von Impfaktionen gegeben.

Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den Ministerien, Landeskriminalämtern und einer Kassenärztlichen Vereinigung ergab, handelte es sich dabei meist um Sachbeschädigungen, vor allem Schmierereien. Es gab aber auch Drohungen, Beleidigungen, Diebstähle, körperliche Angriffe und in Sachsen eine Brandstiftung.

Angriffe aus Impfzentren: Bundesweit 190 polizeilich relevante Fälle

Der Umfrage zufolge gab es bundesweit mindestens 190 polizeilich relevante Fälle, die im Zusammenhang mit Corona-Schutzimpfungen stehen. Die meisten wurden in Bayern und Sachsen registriert. Hamburg hingegen meldete, dass nichts „Gravierendes“ im Zusammenhang mit Angriffen gegen Impfzentren oder -aktionen bekannt sei.

In Schleswig-Holstein gab es zwei Drohungen gegenüber Schulpersonal im Zusammenhang mit Impfaktionen, in denen derzeit die Staatsantwaltschaft ermittelt: eine Gewalt-Androhung gegen die Lehrer einer Gemeinschaftsschule in Niebüll sowie ein Mordaufruf in einer Telegram-Chatgruppe gegen Schulleitung und Lehrende an der Grundschule in Altenholz bei Kiel.

In Mecklenburg-Vorpommern forderten Störer einer Impfaktion in einem Bürgerhaus nach Angaben des Innenministeriums lautstark, sich nicht impfen zu lassen. Sie hätten das Haus verlassen, nachdem die Polizei alarmiert worden war, hieß es. Während der bundesweiten Impfaktionswoche vom 13. bis 19. September gab es in mehreren Bundesländern auch Störungen von Impfaktionen. In Bayern und Hessen wurden Impfangebote an Schulen gestört.

In Bayern gab es nach Auskunft des dortigen Innenministeriums seit Dezember 2020 insgesamt 56 Straftaten im Zusammenhang mit Impfzentren, in Sachsen allein in diesem Jahr 54. Die gegen Impfzentren und -aktionen gerichteten Taten werden nicht überall einheitlich erfasst. Manche Bundesländer können daher keine konkreten Zahlen nennen. Alle Länder melden aber vor allem Sachbeschädigungen. Im Saarland wurde etwa aus dem Schriftzug „Impfzentrum“ das Wort „Giftzentrum“ gemacht. Es war dort allerdings auch der einzige Fall. Auch Bremen registrierte nur einen Fall. Die beiden Länder führen bei der Quote bislang verabreichter Corona-Schutzimpfungen.

Schwerer Angriff auf Impfteam in Gera

Im Zusammenhang mit Impfaktionen gab es aber auch Fälle von Körperverletzungen. Sachsen weist fünf solcher Fälle in der Statistik aus, Sachsen-Anhalt einen Fall von gefährlicher Körperverletzung. Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen berichtete Anfang September von einem schweren Angriff auf ein Impfteam, das in einem Einkaufszentrum in Gera Immunisierungen vornahm. Ein Mann forderte dort einem Impfnachweis ohne Impfung und schlug den Angaben zufolge auf die medizinischen Fachkräfte ein, als die ihm dies verweigerten. Zwei Menschen seien dadurch verletzt worden.

Nur für eine Minderheit der Fälle konnte nach Rückmeldung der Länder die Verursacher von Schäden oder Störungen ausfindig gemacht werden. Rund 30 Tatverdächtige ergeben sich aus Angaben, wobei nicht alle Länder Auskunft dazu geben konnten. Die Schäden summieren sich auf mehrere Hundert oder Tausend Euro pro Land, Sachsen spricht sogar von einer Schadenshöhe „im unteren fünfstelligen Bereich“. In Schleswig-Holstein etwa konnte bei einer von acht Taten (alles Sachbeschädigungen) ein Tatverdächtiger ermittelt werden.

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