Bei Demonstrationen der „Querdenken“-Bewegung mischen laut Innenminister Maier zu einem Drittel Rechtsextremisten mit. Eine Befragung zeichnet ein differenzierteres Bild.

„Aus meiner Sicht erscheint plausibel, dass ein Drittel der Teilnehmer bei solchen Demonstrationen zur rechtsextremen Szene gehört. Das merkt man an Symbolen und Fahnen, die dort auftauchen“, sagte der Thüringer SPD-Minister der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Es seien auch Impfgegner und Verschwörungstheoretiker dabei, bei denen die Grauzone hin zum Rechtsextremismus beginne. Alle aktuellen Entwicklungen im Corona-Blog

Der Verfassungsschutz müsse die „Querdenken“-Bewegung überprüfen: „Man wird nicht jeden Einzelnen, sondern die Protagonisten unter die Lupe nehmen“, erklärte der SPD-Politiker. „Es ist offensichtlich, dass es persönliche Kontakte der Protagonisten zu Rechtsextremisten gibt. Das ist ein Hinweis auf Verfassungsfeindlichkeit, reicht aber noch nicht aus.“ Wenn genug Beweise vorlägen, dass „Querdenken“ eine verfassungsfeindliche Organisation sei, „dann sollte „Querdenken“ vom Verfassungsschutz beobachtet werden“, so Maier. „Hier geht es aber nicht um Schnelligkeit, sondern um Qualität. Denn natürlich können sich Organisationen dagegen auch zur Wehr setzen, und es ist immer schlecht, wenn man vor Gericht eine Niederlage kassiert.“

Befragung: „Querdenker“ oft antisemitisch, aber weniger fremdenfeindlich

Unterdessen gibt es überraschende Ergebnisse einer nicht repräsentativen Befragung von Soziologen in „Querdenker“-Gruppen im Chatprogram „Telegram“: Unter den Anhängern der „Querdenker“-Bewegung sind neben Anhängern der AfD auch viele Wähler der Grünen und der Linkspartei.

Querdenker sind demnach im Schnitt 47 Jahre alt und haben zu einem Drittel einen Studienabschluss, heißt es in der Umfrage der Universität Basel. Grundlage sind 1.150 Fragebögen, die an Querdenken-Telegram-Gruppen verschickt wurden. 21 Prozent der Befragten hätten gesagt, sie haben bei der letzten Bundestagswahl die Grünen gewählt, 17 Prozent die Linkspartei, 14 Prozent die AfD. 2021 wollen knapp ein Drittel die AfD wählen. „Es ist eine Bewegung, die mehr von links kommt, aber stärker nach rechts geht, sie ist jedoch enorm widersprüchlich“, erklärte Studienleiter Oliver Nachtwey von der Universität Basel nach Angaben der Zeitung „Welt“.

Charakteristisch sei die Entfremdung von den Institutionen des politischen Systems, den etablierten Medien und den alten Volksparteien. Typisch seien antisemitische Vorurteile, auch als Bestandteil einiger Verschwörungstheorien. Autoritäres Denken, Fremdenfeindlichkeit oder die Verharmlosung des Nationalsozialismus sei allerdings weniger verbreitet. Kirchliche Haltungen spielen keine besondere Rolle.