Thüringen schert beim Beherbergungsverbot aus und trägt so dazu bei, dass die Lage für Familien vor den Herbstferien noch unübersichtlicher wird.

Die Bundesländer gehen mit dem festen Willen in die Gespräche, einen weiteren Flicken­teppich in Sachen Corona zu verhindern. Und nach den Verhandlungen wird der Flickenteppich noch größer. Im jüngsten Fall schert Thüringen aus und will Reisende aus Risikogebieten auch ohne vorgewiesenen Corona-Test beherbergen lassen.

Das Kalkül dieses Vorgehens ist durchaus einzusehen: Noch liegen die Fallzahlen gemessen an den Einwohnerzahlen in Thüringen im Bundesvergleich niedrig. Die Offenheit könnte den Hotels zusätzliche Gäste bescheren. Aber auch das Gegenteil auslösen, wenn sich Touristen aus Nicht-Risiko-Gebieten angesichts der liberalen Einstellung nicht sicher in Thüringen fühlen. Einige Hotels im Thüringer Wald reagieren bereits und fordern Corona-Tests für Reisende aus Risikogebieten. So entsteht sogar ein Flickenteppich im Flickenteppich.

Viele Familien sind angesichts der unübersichtlichen Regelungen nun vollkommen verunsichert, ob sie in den Herbstferien einen Ausflug wagen sollen oder lieber gleich zu Hause bleiben. Was passiert mit einem gebuchten Hotelaufenthalt, wenn meine Stadt oder mein Landkreis bis nächste Woche zum Risikogebiet werden? Das Beispiel Saale-Orla-Kreis zeigt, wie schnell es gehen kann. Die 23 Corona-Fälle in einer Wohnstätte für Menschen mit Behinderungen tragen dazu bei, dass der Landkreis die Schwelle von 35 Fällen pro Woche und 100.000 Einwohnern überschritten hat. Bei der Schwelle von 50 droht das Beherbergungsverbot für Reisende aus dem Saale-Orla-Kreis.

Die Argumentation von Ministerpräsident Bodo Ramelow ist schon nachzuvollziehen, dass das Gesundheitsamt eines Landkreises entscheiden sollte, wer in Quarantäne muss und wer nicht. Folglich müssten alle anderen Bewohner frei reisen und auch übernachten dürfen.

Doch Thüringen hat sich mit seiner Auffassung nicht durchgesetzt – und macht es durch den Sonderweg noch undurchsichtiger, was wo gerade erlaubt ist. Einheitliche Regelungen indes führen zu mehr Übersichtlichkeit und letztlich auch zu mehr Akzeptanz.