Erfurt. Die mutmaßlich terroristische Gewalttat im hessischen Hanau hat auch in der Thüringer Politik Bestürzung ausgelöst. In mehreren Städten gab es Mahnwachen.

Der mutmaßlich rassistisch motivierte Anschlag im hessischen Hanau hat in Thüringen Anteilnahme und entsetzte Reaktionen ausgelöst. "Die schrecklichen Nachrichten aus Hessen bestürzen mich zutiefst und machen mich fassungslos", teilte Landtagspräsidentin Birgit Keller am Donnerstag via Twitter mit. "Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen, denen furchtbares Leid zugefügt wurde." In einer Mitteilung fügte sie an: "Dieser Anschlag zeigt einmal mehr, wie groß die Gefahr ist, die von Rechtsextremisten in unserem Land ausgeht."

Der frühere Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) twitterte: "Meine Gedanken sind bei den Menschen in Hanau!" Auch Ramelows Nachfolger, Thüringens derzeit geschäftsführender Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) sprach sein Beileid aus. "Wir sind entsetzt wegen der Gewalttaten, die in Hanau stattgefunden haben. In Gedanken sind wir bei den Opfern und Angehörigen", schrieb Kemmerich auf Twitter in seiner ersten Wortmeldung seit dem Tag seiner Rücktrittserklärung am 8. Februar.

Die muslimische Ahmadiyya Gemeinde in Erfurt erklärte, dass Muslime in Deutschland seit einiger Zeit mit zunehmenden Sorgen auf die Entwicklung des rechten Terrors blickten. "Wir hoffen und beten, dass rechtzeitige Maßnahmen eine Wiederholung dieser Ereignisse ausschließen werden."

Bei Mahnwachen ist am Donnerstagabend auch in Thüringen der Opfer des mutmaßlich rechtsradikal motivierten Anschlags in Hanau gedacht worden. In Erfurt kamen am Abend nach Polizeiangaben in der Spitze bis zu 300 Menschen auf dem zentralen Anger zusammen und zündeten Kerzen an. Dazu legten sie Zettel nieder, auf denen etwa "Rassismus tötet!" geschrieben stand. In Nordhausen zählte die Polizei etwa 80 Teilnehmer, auch in Ilmenau und anderen Thüringer Städten waren Gedenkaktionen angemeldet gewesen. Alle Veranstaltungen seien ruhig verlaufen, hieß es bei der Landeseinsatzzentrale der Polizei.

Auch in anderen Städten in Deutschland wurde am Donnerstagabend der Opfer gedacht. In Berlin bildeten mehrere Hundert Teilnehmer eine Menschenkette um das Brandenburger Tor.

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Die Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss forderte gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Martina Renner und dem hessischen Landtagsabgeordneten Hermann Schaus (alle Linke) eine konsequente Ächtung von rechter und rassistischer Hetze. "Die Bundesregierung und die Länder müssen jetzt noch deutlich mehr Anstrengungen als bisher unternehmen, extrem rechte und rassistische Straftaten zu ahnden und die Entwaffnung von Neonazis, rechten Verschwörungstheoretikern und Reichsbürgern voranzutreiben", hieß es in einer Mitteilung.

AfD-Landeschef Björn Höcke äußerte sich in einer Mitteilung seiner Fraktion. "Was sind das für Menschen, die so etwas tun? Die abscheuliche Mordtat von Hanau, bei der zehn Menschen unvermittelt aus dem Leben gerissen wurden, macht uns fassungslos. Wir trauern mit den Hinterbliebenen. Der Wahnsinn scheint sich in diesem Land immer mehr auszubreiten", so Höcke.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Madeleine Henfling, stellte den Fraktionschef der AfD dagegen namentlich in Zusammenhang mit dem mutmaßlichen rechtsextremistischen Hintergrund des Anschlags. "Erst am Montag hielt der Faschist Höcke in Dresden wieder eine Rede, die zu Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen ihn führte. Solche Reden bereiten die Taten von Hanau oder Halle vor", teilte sie mit. Die Täter solcher Verbrechen seien angestachelt von einem immer weiter um sich greifenden rassistischen und menschenverachtenden Diskurs, der on- und offline stattfände.

"Wenn sich der Verdacht eines extrem rechten Tatmotivs bestätigt, ist das nach dem Mord an Walter Lübcke und dem antisemitischen Anschlag von Halle bereits der dritte rechte Terrorakt innerhalb von nicht mal einem Jahr", erklärte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagfraktion, Dorothea Marx. Demokratische Parteien müssten zusammen mit der Zivilgesellschaft gegen diejenigen zusammen stehen, die durch ihre Rhetorik den Boden für solche Gewalttaten bereiteten.

Bei der Gewalttat im hessischen Hanau hatte ein Mann am Mittwoch und in der Nacht zu Donnerstag neun Menschen getötet, später fand die Polizei die Leiche des mutmaßlichen Todesschützen und die seiner Mutter in seiner Wohnung.

Noch in der Nacht übernahm der Generalbundesanwalt die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falls. Er ermittelt nach Angaben des hessischen Innenministers wegen Terrorverdachts, es gebe Hinweise auf ein „fremdenfeindliches Motiv“.