Schleiz. Von Schlingerfahrten nach Schleiz, gekürten und wahren Siegern und wenig begehrten Polstermöbeln. Ulli Melkus und das Schleizer Dreieck.

Der Name Melkus war im DDR-Motorsport ein absolutes Schwergewicht. Über Jahrzehnte hinweg prägte zunächst Heinz Melkus, der erfolgreichste und populärste Autorennfahrer der DDR, die Szene nachhaltig. Später konnte vor allem sein Sohn Ulli in dessen große Fußstapfen treten. Auf die Kappe des Dresdner Familienclans, zu dem auch noch der zweite Sohn Peter gehört, gingen nicht nur unzählige Siege bei Berg-, Grasbahn- und Straßenrennen, der Name Melkus stand auch für die hohe Ingenieurskunst bei der Konstruktion von Renn- und Sportwagen. Die Firma Melkus war der einzige private Autohersteller der DDR und baute über 260 Fahrzeuge, die fast ausnahmslos für die Rennstrecke bestimmt waren.

1973 zeigte sich Ulli Melkus für die Konstruktion des Spyder PT 73 verantwortlich. Eigentlich sollte ein Nachfolger für den legendären RS 1000 gebaut werden, was aber aus verschiedensten Gründen scheiterte. Aus den bereits geleisteten Vorarbeiten sollte aber letztlich zumindest der Spyder entstehen, der das einzige Fahrzeug dieser Art in der DDR war.

Natürlich musste dieses Auto auch auf der Rennstrecke bewegt werden. Frank Nutschan, damals Monteur bei Melkus, erinnerte sich im Buch „Rennsportlegende Heinz Melkus“ an die unvergesslichen Überlandfahrten mit dem Spyder. „Man hing den Wagen einfach hinter den Anhänger, der bereits mit einem Formel-Rennwagen beladen war, setzte einen Mechaniker als Lenker in den Spyder und zuckelte so unter anderen auch nach Schleiz. Als Zugmaschine diente entweder ein Wartburg, der mit seiner gewichtigen Fracht arg zu kämpfen hatte, oder ein in diesem Fall besser geeigneter, aber schon etwas betagterer Mercedes. Dennoch kam der Hänger dabei oft ins Schlingern. Besonders unangenehm wurde es für den „Piloten“ des Spyders bei strömenden Regen. Scheibenwischer oder gar ein Dach waren ja bei diesem Fahrzeug bauartbedingt nicht vorhanden.

Ulli Melkus war nicht nur einer der besten Rennfahrer der DDR, sondern erwies sich auch als ein wahrer Sportsmann. 1984 musste der nationale Meisterschaftslauf der Rennwagen aufgrund eines starken Platzregens in der sechsten Runde abgebrochen werden. Melkus wurde von der Schleizer Rennleitung reglementsgerecht als Sieger gewertet. Auf der Strecke führte allerdings zum Zeitpunkt des Abbruches mittlerweile der furchtlos agierende und überragend fahrende Heinz Siegert das Feld an. Melkus erklärte noch beim Siegerinterview Siegert zum wahren Sieger des Rennens.

Motorsport in der DDR zu betreiben erforderte eine ordentliche Portion Enthusiasmus. Ein großes Preisgeld gab es nie zu verdienen. Dafür durften sich die Erstplatzierten oftmals über Sachpreise freuen, die zumeist von einheimischen Firmen gestiftet wurden. Der Sieger konnte dann schon mal die Heimreise mit einem neuen Kaffeeservice, einen Kühlschrank, einer Werkzeugkiste, einen schicken Teppichvorleger, einen Koffer oder mit einen monströsen Sessel antreten. Eine solche Sitzgelegenheit erfuhr sich Ulli Melkus mit seinem Sieg 1987 im Pokallauf der Rennwagen. Der Dresdner wurde nach der Übergabe von den begeisterten Fans gleich zu einem Probesitzen vor dem Siegerpodest aufgefordert. Allerdings löste das Teil bei Melkus selbst keine großen Begeisterungstürme aus. Der Sessel wurde alsbald dezent für andere Zwecke zur Verfügung gestellt.

Mit dieser Episode verabschiedeten sich die Geschichten vom Schleizer Dreieck in die Sommerpause. Skurrile, erheiternde und kaum bekannte Geschehnisse aus fast 100 Jahren Schleizer Dreieck lassen wir im Herbst wieder aufleben, wenn die Serie fortgesetzt wird.