Es hatte nur 22 Jahre Bestand, das Krankenhaus hoch über der Elster in Milbitz. Seit 1992 ist es gänzlich ungenutzt.

Vor 120 Jahren wurden am 11. November 1899 die „Milbitzer Heilstätten“ als ein Krankenhaus für die Bewohner des Landkreises Gera eröffnet. Der Bedarf für eine solche Einrichtung war vor allem deshalb groß, da das städtische Krankenhaus lediglich über 120 Betten verfügte. Dieser vergleichsweise geringen Kapazität des Krankenhauses stand damals eine Einwohnerzahl der Stadt Gera von circa 45.000 Personen, zuzüglich 5000 im ländlichen Raum lebender Krankenkassenmitglieder gegenüber. Darüber hinaus waren auch die rund 40.000 Einwohner der umliegenden Landgemeinden medizinisch zu versorgen und im Notfall auf eine Aufnahme im Geraer Krankenhaus angewiesen.

Als die Bewohner der reußischen Gebiete in Gera und Umgebung im Jahr 1889 von der Influenza und 1893 von einer drohenden Pockenepidemie so stark heimgesucht wurden, dass die Aufnahmekapazitäten des Stadtkrankenhauses erschöpft waren, wurde die Forderung nach einem Krankenhaus für die Landbevölkerung immer nachdrücklicher. Im Jahr 1894 verfasste Dr. Clemens Weisker (1863-1919) eine Denkschrift, in der er verschiedene statistische Erhebungen einfließen ließ, unter anderem auch die Tatsache, dass Reuß jüngerer Linie im Reichsvergleich die niedrigste Anzahl von Krankenhausbetten im Vergleich zur Einwohnerzahl bereitstellen konnte. Wenngleich der Bedarf an einer solchen Heilstätte unstrittig gewesen ist, so fehlte es zunächst an den finanziellen Mitteln für die Umsetzung des notwendigen Vorhabens. Erst als sich durch die Vermittlung von Dr. Clemens Weisker der Unternehmer Louis Schlutter (1825-1904) und dessen Ehefrau bereit erklärten 100.000 Mark zur Errichtung eines Krankenhauses für die Landgemeinden zu spenden, konnte das Projekt in Angriff genommen werden.

Aufgrund dieser sehr guten finanziellen Rahmenbedingungen war es nunmehr möglich den für 90.510 Mark im Jahr 1894 veranschlagten Bau der Heilstätten mit einer hochwertigeren Ausstattung zu versehen. Beispielsweise wurde eine elektrische Zentralheizung nun gegenüber einer vorher angedachten Ofenheizung favorisiert und auch der Einsatz einer elektrischen Lichtanlage sowie einer Dampf-Waschküche sorgten für eine Kostensteigerung.

Clemens Weisker leitet das Krankenhaus

Als Leiter der „Milbitzer Heilstätten“ bestimmte das Ehepaar Schlutter Herrn Dr. Clemens Weisker, der diese Anstellung ursprünglich auf Lebenszeit ausüben sollte. Doch ihm wurde am 31. Dezember 1901 gekündigt. Weisker war weiterhin in seiner Privatpraxis tätig und seiner Initiative war es zu verdanken, dass im Jahr 1911 gemeinsam mit Prof. Dr. A. Uhl der „Gemeinnützige Bauverein Reuß j. L.“ ins Leben gerufen wurde, welcher sich ab 1912 vermehrt der Errichtung von Reihenhäusern mit schmalen Vorgärten für Arbeiter in der Gartenvorstadt Heinrichsgrün widmete.

Die „Milbitzer Heilstätten“ aber blieben schlecht ausgelastet. Die Zahl der eingewiesenen Patienten betrug zum 16. April 1919 insgesamt 52 Personen. Mit der Eingemeindung von Milbitz in die Stadt Gera im Jahr 1919 gehörten nun auch die „Milbitzer Heilstätten“ zum Einzugsgebiet der Geraer Stadtverwaltung. Zum 1. Januar 1921 erfolgte die Auflösung der Schlutterschen Stiftung. Damit fiel das Krankenhaus in die Trägerschaft des Landkreises Gera. Ab Juli 1945 bis 1992 wurde das Klinikgebäude von der „Roten Armee“ als sowjetisches Militärkrankenhaus genutzt. Nach Abzug des sowjetischen Militärs 1992 wurden die Gebäude keiner neuen Nutzung übergeben.

Die Autorin ist die Leiterin des Stadtarchivs Gera. Der komplette Text erscheint am Freitag im Newsletter des Geraer Stadtarchivs