Gera. Spurensuche nach Demokratie, Historie, Bauhaus, Fauna und Flora

Die „Stadtspaziergänge“ am Sonnabend waren nicht die einzigen Aktivitäten, die die Geraer Volkshochschule „Aenne Biermann“ anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens absolvierte. Den Auftakt gab es bereits im Februar und nun werden noch die Veranstaltung „Mit den Generationen lernen“ am 7. September und eine Ausstellung ab 15. November folgen.

Ein besonderer Höhepunkt waren aber schon einmal der Tag mit den vier „Stadtspaziergängen“, um Gera zu entdecken und besser kennenzulernen.

Glückwünsche und Wünsche an Leine

Die Geraer Volkshochschule wurde wie alle anderen 100 Jahre alt. Explizit dafür wurden die Wanderungen angeboten. Im Hof der Schule konnten Absolventen auf zwei Wäscheleinen nicht nur Glückwünsche und Grüße in Schriftform überbringen, sondern auch eigene Wünsche. Und so war neben „Wunschlos glücklich“ und „Schön, dass es Euch gibt“, eben auch zu lesen, dass „Kursgebühren nicht ständig steigen“ sollen oder auch „Sonnenschutz für die Fenster“ gewünscht wird.

Der entspannte Stadtspaziergang, der vier unterschiedliche Themen hatte, bot eine prima Möglichkeit, seine Heimatstadt mal aus anderer Sicht kennenzulernen. Diese Wünsche hatten der Leiter der Volkshochschule Matthias Schenk und der Geraer Oberbürgermeister Julian Vonarb (parteilos) den Wanderlustigen bei besten Witterungsbedingungen mit auf den Weg gegeben. Zudem wusste das Stadtoberhaupt, dass Gera „in vielen Bereichen der Bildung bewundert“ wird. Die Trommelgruppe der Musikschule „Heinrich Schütz“ schickte kurz vor dem Mittagessen vier Gruppen zwischen zehn und 20 Männern und Frauen auf Entdeckertour, die von Stadtführern der Gera-Information begleitet wurden.

Von der „Familien-“ über die „Kultur-Wanderung“, der „Bauhausroute“ bis zur „Spurensuche nach Demokratie“ machten sich interessierte Wanderlustige auf die zirka 90-Minuten-Routen. Die Familienwanderung mit Karl-Heinz Roßfeldt nahm zwischen Schülerstraße und Tierpark jeden Spielplatz mit. Auch, weil drei Kinder um die fünf Jahre mit auf die Strecke gegangen waren. So hatten die Kinder ihren Spaß und die Erwachsenen erweiterten ihr Wissen. Im Tierpark waren die Hausschweine mit ihrem niedlichen Nachwuchs der Anziehungspunkt, dagegen ignorierten die Löwen die Gäste und diese dann auch die Tiere. Die älteste Interessierte war hier 69 Jahre alt.

Mit Stoffbeutel zur Villa Schulenburg

Nach Demokratie suchten zwischen Ausgangspunkt und Haus Schulenburg einige Geraer, die bei Lydia Raupach Denkmäler der Innenstadt kennenlernten. Eine Erdplatte, die an den 17. Juni 1953 erinnerte, war ebenso interessant, wie ein Stolperstein auf der Sorge, der Rudolf Diener gewidmet war.

Die Reste der Synagoge in der Schülerstraße waren ebenso sehenswert, wie das „begleitende Element Amthorpassage“, wie es die Stadtführerin bezeichnete. Aber auch das Stadtmuseum und das Rutheneum oder das Justizzentrum als „Ort der Gewaltenteilung“ puzzelten die Teilnehmer als Schnipsel der Demokratie heraus. Lydia Raupach berichtete ihrer Gruppe auch, was Demokratie unter anderem brauche: Erinnerung, Bildung, Engagement und Toleranz. Letzteres hatte diese an der Plastik von Volkmar Kühn am Puschkinplatz nachempfunden. Zum Zielort in der Straße des Friedens ging es dann bewusst mit einem gesponsorten Stoffbeutel – zum Demokratie tragen – durch diese Straße ins Haus Schulenburg.

Die Kulturwanderung führte über Theater und Küchengarten zur Untermhäuser Brücke und zum Otto-Dix-Haus. Die meisten Interessierten gingen auf die Bauhausroute, schließlich gibt es in Gera die meisten Denkmäler dieser Architektur. Wegbereiter und Zeitgenossen des neuen Bauens gab es auf dieser Tour in Hülle und Fülle, der sich auch Schulleiter Schenk angeschlossen hatte und wie alle Teilnehmer sehr begeistert war.

Am frühen Nachmittag galt es, nicht nur die „sehr gelungene Veranstaltung“ (Matthias Schenk), sondern auch das wunderbare Ambiente von Haus Schulenburg auf sich wirken zu lassen. Zugleich konnte auch die hausgemachte Musik der Gitarrengruppe der Volkshochschule genossen werden. Leider gab es danach dennoch noch ein weinendes Auge, da Rainer Püschel, der die Musiker fast 30 Jahre betreut hatte, aus gesundheitlichen Gründen aus dieser Funktion verabschiedet wurde.