Gera. Die 1 ist ihr Behandlungszimmer

„Ich wollte nie hinterm Schreibtisch sitzen“, sagt die übers ganze Gesicht strahlende junge Frau. Über einen Umweg fand Susanne Lippold zur Ausbildung als zahnmedizinische Fachangestellte. Jetzt, zu Beginn ihres zweiten Lehrjahres sagt die 22-Jährige: „Innerlich steht für mich fest, hier will ich ankommen und bleiben“.

Den medizinisch-sozialen Bereich hatte sie früh angepeilt. Nach dem Abschluss der 10. Klasse an der Regelschule Otto Dix absolvierte sie ihr Fachabitur an der Geraer Berufsschule für Gesundheit, Soziales und Sozialpädagogik. Die Ausbildung zur Ergotherapeutin in Saalfeld brach sie trotz vorheriger Praktika nach zwei Jahren ab. „Weil ich gemerkt habe, ich werde nicht glücklich“, erklärt sie. Dabei sei die Theorie nie ihr Problem gewesen. Die Zwischenzeit überbrückt sie als Bufdi am SRH Wald-Klinikum im internen Patiententransport. Bis eine Freundin sie auf die Idee mit dem Zahnarzt bringt. „Ich wohne gleich um die Ecke. Ich bin einfach hingegangen und habe gefragt. Das Schönste war, dass es gleich geklappt hat. Da gab es kein ‚Wir melden uns‘“, erzählt sie. Im November 2017 nahm sie zwei Wochen Urlaub für die Hospitation. Das Zuschauen. „Der Bohrer ist heute leiser. Ich hatte nie Angst vorm Zahnarzt. Meine Zähne waren immer gut, da dauerte es nie lange“, beschreibt sie ihre Unvoreingenommenheit.

Im Februar 2018 beendet sie die Bufdi-Zeit vorzeitig, und willigt zum vorgeschlagenen Vorpraktikum ein. „Im ersten Ausbildungsjahr konnte ich da im theoretischen Unterricht viel mitreden“, berichtet sie aufgekratzt. Montag und Dienstag ist immer Schule, Mittwoch bis Freitag arbeitet sie in der Praxis. „Ich bin in der 1, das ist mein Behandlungszimmer“, erzählt die Auszubildende stolz.

„Sie kann am Stuhl mitdenkend assistieren. Sie hat Ehrgeiz und will. Ich spüre, sie ist im Beruf angekommen“, sagt Zahnarzt Rainer Kokott über Susanne Lippold. „Mittlerweile weiß ich, wie ich an welchem Zahn Spülflüssigkeit und Speichel absauge, dass der Zahnarzt gute Einsicht hat“, erzählt sie. Sie spricht vom intelligenten Absaugen und davon, dass sie selbst Wege für Lösungen sucht.

Letztlich gehe es darum, den Patienten wenig zu strapazieren. Die meisten verraten durch Körpersprache, wie es ihnen geht. Manche sitzen bekümmert auf dem Behandlungsstuhl. „Atmen sie mal schön tief durch, sage ich dann. Es hilft. Manchmal reicht auch schon, an die Schulter zu fassen“, so die Auszubildende.

Am Oberkiefer wird im Sitzen, am Unterkiefer im Stehen gearbeitet. „Selbst ich merke manchmal im Rücken oder Nacken, dass ich mich nicht allzu ergonomisch korrekt bewege“, sagt die junge Frau. Sie ist Sportlerin.

Als Mitglied der Flying Eagles von der Cheerleaderabteilung des SV Großstöbnitz 90 in Schmölln nahm sie im März an den Weltmeisterschaften in Orlando (USA) teil. Anfang Juli durfte auch sie sich dafür ins Goldene Buch der Stadt Schmölln eintragen. Zur Zeit trainiert sie als Allrounder, wie sie sagt. Tanzen, turnen, stunten. Letzteres meint das Pyramiden bauen. Im Verein lernte sie ihren Freund kennen. Er kommt aus Schmölln und lernt Werkzeugmechaniker.