Jena. In Jena findet bereits der 25. Lesemarathon statt – mit Lesungen, Konzert und Ausstellung

Der Marathon ist nicht von ungefähr die Königsdisziplin der Ausdauersportarten. Wer hier antritt, braucht Kraft, Ausdauer und einen starken Willen. Das alles brauchen auch die Organisatoren von Unternehmungen, die nichts mit dem Lauf über die legendären 42,2 Kilometer zu tun haben, die sich aber trotzdem zu einem Marathon ausgewachsen haben.

Mit dieser Motivation sind Angela Schubert und ihre Kolleginnen von der Ernst-Abbe-Bücherei in Jena 1996 an die Organisation des ersten „Lesemarathons“ in Jena gegangen.

„Damals feierte unsere Bibliothek ihr 100-jähriges Bestehen, und Bertelsmann, der in Jena seine erste Buchhandlung im Osten eröffnet hatte, schenkte uns die ersten Literaturtage“. Schon bei den ersten Veranstaltungen machte der „Lesemarathon“ seinem Namen alle Ehre, zwei Wochen lang gab es jeden Tag eine Lesung. Doch dieses Pensum sei auf Dauer nicht zu schaffen gewesen.

Wenn nun morgen der 25. Jenaer „Lesemarathon“ eröffnet wird, dann können sich Literaturfreunde auf ein dreiwöchiges Programm freuen, das wohl jeder gut bewältigen kann – auch wenn er nur über Durchschnitts-Kondition verfügt. Vom Start am 24. Oktober bis zum Ende am 14. November kann man 17 Schriftsteller persönlich kennenlernen und ihre aktuellen Werke dazu, kann mit Autoren und Literaturwissenschaftlern ins Gespräch kommen über das, was Menschen umtreibt und die Möglichkeiten der Schriftsteller, ihnen dabei Orientierung zu geben.

Beim Lesemarathon lesen Dichterinnen und Dichter wie Daniela Danz, Mirko Bonné, Andreas Altmann und Kerstin Becker Gedichte eines Anderen, hier von Johannes Bobrowski, und stellen dem eigene Texte gegenüber. Und auch über Musik und eine Fotografie-Ausstellung soll es eine Annäherung an den Mann geben, der viele Autoren spätererer Generationen in ihrem Schaffen beeinflusst hat. Diese Veranstaltungen werden vom Lesezeichenverein Jena getragen, der wieder Partner der Ernst-Abbe-Bücherei ist.

Nach ihren Favoriten gefragt, muss Angela Schubert nicht lange überlegen: „Ich freue mich besonders, dass bei uns am 13. November Saša Stanišic lesen wird, der gerade den Deutschen Buchpreis verliehen bekommen hat. Dass wir ihn in Jena haben, ist ein echter Glücksfall.“ Bei der Buchung habe natürlich noch keiner gewusst, dass sein Buch „Herkunft“ als bester deutschsprachiger Roman dieses Jahres ausgezeichnet werden würde.

Doch dass Stanišic zu den Favoriten der Leser in der Jenaer Stadtbücherei gehört, das wusste Angela Schubert sehr wohl. „Ich bin ja viel in der Ausleihe und daher weiß ich, wen und was unsere Leser lieben“, räumt sie ein. Deshalb werden demnächst auch die ehemalige Spitzensportlerin Ines Geipel mit ihrem Buch „Umkämpfte Zone“ sowie Daniela Krien mit den Lebensgeschichten von fünf Frauen aus dem Osten Deutschlands, die sie in „Die Liebe im Ernstfall“ aufgeschrieben hat, nach Jena kommen.

Wie die Menschen die gesellschaftlichen Umbrüche der vergangenen 30 Jahre erlebt haben, sei ein Thema, das viele beschäftige. Dazu werden auch der Bulgare Georgi Gospodinov und die Polin Emilia Smechowski einiges zu erzählen haben.

Wenn Frank Quilitzsch und Thomas Thieme mit der Jenaer Trainerlegende Hans Meyer am 28. Oktober über Fußball reden werden, wird das ein echtes Heimspiel, weiß Angela Schubert. Deshalb wird diese Lesung im Volksbad stattfinden. Wie auch die mit Stefan Orth, der wieder einmal von seinen Erlebnissen als „Couch-Surfer“ berichtet, diesmal aus China.

Angela Schubert weiß auch, dass Krimifans bei Max Annas auf ihre Kosten kommen und Ulrike Müller mit ihrem Buch über die Bauhaus-Frauen ein großes Publikum finden werden. „Dass Literaturfans den neuen Veranstaltungsort, den früheren Hörsaal der Augenklinik, gut annehmen, können wir nur hoffen.“