Jena. Inge und Helmut Uhrlau feiern Diamantene Hochzeit. Sie waren viele Jahre mit Jenas letztem kleinen Elektro-Fachgeschäft verbunden

Wenn in Jena der Name Uhrlau zu hören ist, dann denken die meisten an Lampen, Elektrogeräte und Strom. Schließlich ist die Licht-Galerie Uhrlau Unterm Markt heute das einzig verbliebene Elektro-Fachgeschäft in Jena, sieht man mal von den Großanbietern ab.

Über 25 Jahre lang hat es Helmut Uhrlau gemeinsam mit seiner Frau Inge geführt. Die beiden konnten nun gestern das Fest der Diamantenen Hochzeit feiern. So gab es natürlich viel zu erzählen aus den 60 Ehejahren und auch aus der Zeit davor. Dabei wurde jede Menge Jenaer Stadtgeschichte lebendig.

Vor 88 Jahren war es, als der Vater von Helmut das Elektrogeschäft in der Otto-Schott-Straße gegründet hatte. Sein Großvater hatte in der Oberlauengasse eine Glaserei und Tischlerei – dort, wo sich heute das Geschäft „Vom Fass“ befindet. Die Werkstatt ging weit hinten hinaus, so dass auf den hinteren Flächen und Unterm Markt dann ab 1933 auch das Elektrogeschäft mit Werkstatt einziehen konnte.

Hier erlernte Helmut das Elektrikerhandwerk, bevor er zum Elektrotechnik-Studium nach Ilmenau gehen konnte. Übrigens hatte Helmut das Abitur an der Grete-Unrein-Schule fast verhauen, war durch die Prüfung für Gesellschaftswissenschaft gefallen. Und dann kam der 17. Juni 1953. Noch heute erinnert er sich gut an jenen Tag, als es schien, dass alles anders werden könnte. Er erlebte die Demo am Holzmarkt, wo russische Panzer auffuhren. Wozu nun noch solch eine Prüfung? Aber es kam anders.

Und so absolvierte er doch noch erfolgreich die wiederholte Prüfung, wobei großes Glück mitspielte. Es wurde Wissen zu Lenin abgefragt. Da er damit schon kurz vorher in der Russischprüfung dran war, konnte er Eindruck machen, als er das Gelernte noch mal abspulte.

In der Lehrzeit im väterlichen Betrieb lernte er dann seine Inge kennen. „In unserer Nachbarschaft war die Fleischerei Hönnger. Und weil dort dauernd die elektrische Kühltruhe kaputt ging, konnte ich mir bei meinen Reparaturbesuchen die hübscheste Verkäuferin aussuchen“, erzählt er schmunzelnd. 1956 verlobten sich die beiden, und drei Jahre später wurde geheiratet. Das war am 18. Juli 1959 auf dem Standesamt in Arnstadt, wo Inge herkam. Einen Tag später wurde in der Bach-Kirche auch kirchlich der Lebensbund geschlossen.

Doch Wohnraum gab es für junge Menschen in jener Zeit kaum. Und schon gar nicht in Jena. So gingen die Uhrlaus nach Cottbus in die Braunkohle, wo Helmut im Starkstrom-Anlagenbau tätig war und eine, wenn auch sehr einfache Wohnung mit WC im Hof erhielt, aber günstig für nur 17 Mark Miete.

Aber es zog Helmut Uhrlau zurück nach Jena. 1970 konnte er bei Zeiss in der Feinmesstechnik des Forschungszentrums anfangen, und eine Wohnung gab es auch in einem der nagelneuen Autobahnblocks in Neulobeda, der heutigen Binswangerstraße. Schließlich klappte es 1979 mit der Übernahme des väterlichen Elektrobetriebes, den er erst im Alter von 71 Jahren an eine seiner drei Töchter übergab, die es noch heute weiterführt.

Dem Sport, den Helmut Uhrlau schon mit viel Fußballspielen auf dem einstigen Parkplatz zwischen Kollegiengasse und Leutrastraße auslebte, blieb er später als aktiver Hockeyspieler treu. Und das obwohl er schon seit dem 5. Lebensjahr von Kinderlähmung (Polio) betroffen war und deshalb immer mit einem Bein Probleme hatte. Eine Krankheit, die ihn inzwischen zum Nutzen des Rollstuhls zwingt. Eine Krankheit, die ihn aber auch zur Polio-Selbsthilfegruppe brachte, wo er noch heute ehrenamtlich die Finanzarbeit erledigt. Apropos Verein. Auch der Fuchsturm-Gesellschaft hält das Paar seit vielen Jahren die Treue.

Nun zogen die Uhrlaus im November 2018 in das gerade erst fertiggestellte Seniorenhaus an der Ecke Karl-Marx-Allee/Matthias-Domaschk-Straße, wo sie sich sehr wohl fühlen.

Wenn Inge Uhrlau aus dem Fenster ihrer kleinen, aber schicken Wohnung im 5. Stock schaut, fällt ihr Blick auch auf die Theobald-Renner-Straße. Der Boden, auf dem diese ersten Wohnblocks von Neulobeda entstanden, gehörte einst zu den Feldern ihrer Großeltern, die im alten Lobeda eine Fleischerei mit Landwirtschaft betrieben.

In seinem neuen Zuhause erhielt das Paar gestern auch Glückwünsche von Ortsteilbürgermeister Volker Blumentritt zur Diamantenen Hochzeit. Für Blumentritt übrigens eine besonders freudige Begegnung. Denn sein Opa war als Elektromeister bei den Elektrizitätswerken Jena ein Freund des Vaters von Helmut Uhrlau.