Jena. Altbürgermeister Günter Graupe und seine Frau Karin feierten gestern Diamantene Hochzeit

Warum sollte Amor immer gleich in den Köcher greifen und immer gleich seine Pfeile losschießen? Manchmal wartet er ein wenig, um ganz sicher zu gehen mit dem Volltreffer. – Wie bei Karin und Günter Graupe. Schauen, warten, zack, Volltreffer! Wie sonst könnte es zu erklären sein, dass die Graupes am Donnerstag ihren 60. Hochzeitstag – ihre Diamantene Hochzeit feiern konnten?

Karin (81) und Günter Graupe (82) ließen gestern in ihrem Haus in der Brändströmstraße die 60 Jahre alten Fotos von der weißen Hochzeit kursieren. – Beide darauf von atemberaubender jugendlicher Schönheit. Und doch stellte Karin Graupe klar: „Nein, es war nicht Liebe auf den ersten Blick. Eigentlich sind wir erst ein dreiviertel Jahr später eine feste Beziehung eingegangen.“

„Später“ bedeutet: Beide haben sich in der Jenaer Außenstelle der „Deutschen Notenbank“ in der Schlossgasse (nach 1989 lange Sitz der Deutschen Bank) zu Bankkaufleuten ausbilden lassen. Günter Graupe – nach der Friedlichen Revolution Finanzdezernent und in der zweiten Legislatur zusätzlich Vize-Oberbürgermeister von Jena, er erinnerte sich: Das Abitur gerade in der Tasche, sei ihm damals von allen Seiten zur Bank-Karriere geraten worden. „Da hieß es: Pass auf, du kannst gut rechnen, du musst ins Finanzfach. Danach kannst du in jeder Firma anfangen.“

Nur war Kollegin Karin zunächst gar nicht so nah; „sie war ein Lehrjahr weiter als ich“. Aber: Beide lebten in Jena Ost. Und wenn Karin sich von ihrem Eltern- und Geburtshaus in der Brändströmstraße aus auf den Weg zur Ausbildung machte, wartete er um die Ecke am Steinborn. – An Karins 20. Geburtstag folgte die Verlobung.

Und ja, „dann mussten wir heiraten“, berichtete Karin Graupe: Um eine der damals neu entstehenden städtischen Wohnungen in der Fritz-Kalisch-Straße zu bekommen, mussten die künftigen Nutzer zwingend selbst mit Hand anlegen. „750 Aufbaustunden“, so berichtete Karin Graupe. „Wir haben Kies geschippt, Fenster verfugt. Wir waren jeden Tag und auch an den Wochenenden zum Bau gegangen. Beide Väter auch mit. In einem Vierteljahr hatten wir die 750 Aufbaustunden.“ Nur war es damals völlig ausgeschlossen, dass jene Wohnungen an Verlobte vergeben wurden.

Also heiratete das junge Paar. Für die kirchliche Hochzeit wählten sie die Schillerkirche in Jena-Ost, in der Günter Graupe schon getauft und konfirmiert worden war.

Graupe – Röhlinger: ein sehr gutes Team

Zehn Jahre lebten die Graupes in Jena-Nord, ehe sie wieder in „ihrem“ Jena-Ost anlandeten – in Frau Karins Geburtshaus in der Brändströmstraße. Bei Günter Graupe allerdings ist die Geburtsortangabe „Jena“ nicht lupenrein korrekt. Er kam in Kunitz zur Welt, das erst nach 1990 eingemeindet wurde, drum sich auf seinem Personalausweis unter „Geburtsort“ der hübsche Vermerk „Kunitz, jetzt Jena“ findet.

„Wir haben ein sehr planvolles Leben geführt und nie Streitigkeiten wegen des Geldes gehabt“, sagte Karin Graupe. „Das Bankwesen hat uns sehr geprägt: diese Genauigkeit, die immer nötig war.“ Das betraf auch die sieben Jahre, in denen sich Karin Graupe beruflich eine Aus-Zeit nahm für das Großziehen der beiden Söhne (heute 55 und 52 Jahre alt). Schließlich absolvierte ihr Mann noch ein fünfjähriges Fernstudium zum Diplom-Ökonom an der Karl-Marx-Universität Leipzig.

Doch sind alle Mühen immer noch steigerbar: Mit seiner Arbeit als Finanzdezernent und Bürgermeister „war er noch viel weniger da“, sagte Karin Graupe. Er habe in jenen zehn Jahren „doppelt so viel gearbeitet wie früher“, so rechnete sie gestern vor. Doch schaut Karin Graupe mit viel Genugtuung auf das Werk ihres Ehemannes und besonders auf sein Miteinander mit Oberbürgermeister Peter Röhlinger (FDP). „Das war ein sehr gutes Team. Sie haben für Jena viel erreicht.“

Neben der Familie samt den drei Enkelkindern gehörten gestern zu den Gratulanten SPD-Genossen von Günter Graupe: „Amts-Enkel“ Christian Gerlitz, der 18 Jahre später das Bürgermeisteramt übernommen hat, und der langjährige Stadtratsfraktions- und Kreis-Chef Jörg Vogel.