Jena. Basketball-Trainer Björn Harmsen sprach mit uns über seine Jenaer Zeit, den Rücktritt im April und seine Zukunftspläne.

Das Kapitel Science City Jena ist für den 36-jährigen Björn Harmsen zum zweiten Mal beendet. Nach seinem Rücktritt im April und den Abstieg am Saisonende setzen die Jenaer Basketballer auf Frank Menz für den Neuanfang in der 2. Bundesliga ProA.

Im Interview mit unserer Zeitung erklärt Björn Harmsen, der die Korbjäger von der Saale zweimal ins Oberhaus führte, wie es ihm heute geht. Er blickt auch auf die meist erfolgreiche Zeit mit Science City, würde heute „wahrscheinlich“ nicht mehr zurücktreten und hofft, dass den Jenaern das Familiäre nicht verloren geht.

Sie sehen gut erholt aus.

Ich fühle mich auch sehr gut, habe im Sommer genossen, Freunde und Familie zu sehen. Das schafft man während einer Saison nicht. Jetzt ist der Kopf auch wieder frei.

Vermissen Sie es gar nicht, Basketball-Trainer zu sein?

Doch, natürlich. Gerade im August, wenn alle wieder anfangen, dann kribbelt es schon wieder. Am Ende der Saison sehnt man sich nach der freien Zeit. Und wenn die freie Zeit da ist, will man wieder was machen.

Sie sind nach Leipzig gezogen, kaum noch in Jena. Haben Sie sich seit Ihrem Rücktritt bei Science City nur erholt?

Nein. Ich bin viel rumgereist und mache das immer noch. Ich hatte einige Vorstellungsgespräche. Außerdem bin ich für die Fiba (Anm. d. Red.: Basketball-Weltverband) unterwegs, referiere im Rahmen einer Weiterbildung in Rumänien vor Trainern. Zudem will ich jetzt, wenn ich nicht arbeite, noch viel hospitieren bei Euro-League-Vereinen und vielleicht auch mal in der NBA.

Also war bei den Anfragen von anderen Vereinen noch nicht das Richtige für Sie dabei?

Ich sage mal so: Es gab einige Sachen, die ich sehr gerne gemacht hätte, die sich für mich am Ende aber leider nicht ergeben haben. Und es gab auch ein, zwei Anfragen, womit ich mich nicht identifizieren konnte.

Wie ist Ihr Gefühl? Ab wann arbeiten Sie wieder als Cheftrainer?

Allerspätestens nächste Saison. Jetzt am Anfang dieser Saison nicht. Und ich würde mich selber auch nicht als Feuerwehrmann beschreiben.

Sie wollen also langfristig arbeiten, etwas aufbauen?

Genau. Ich habe jetzt sechs Jahre am Stück bei Science City Jena gearbeitet. Dass ist in unserer Basketball-Branche nicht selbstverständlich. Normalerweise ist man zwei, drei Jahre bei einem Verein und macht danach wieder eine kurze Pause. Die ist auch wichtig, um sich zu regenerieren und neuen Input zu bekommen.

Sind Sie traurig, nicht mehr Trainer der Jenaer Basketballer zu sein?

Natürlich bin ich traurig. Ich bin jetzt 36 Jahre alt und habe die meiste Zeit meines Lebens in Jena verbracht. Das hier ist meine Heimat. Ich habe hier ein kleines Gartengrundstück und werde dann im Sommer öfter mal herkommen, um auch den Kontakt zu Freunden zu pflegen. Ich hätte nach sechs Jahren bei Science City gerne weitergemacht.

Wie bewerten Sie heute Ihren Rücktritt nach dem Weißenfels-Spiel im April?

Damals herrschte ein großer emotionaler Druck. Im Kampf um den Klassenerhalt wollten wir alle Register ziehen, mit einem Trainerwechsel noch einmal ein Zeichen setzen. Heute würde ich wahrscheinlich anders entscheiden.

Ist Ihre Enttäuschung groß, dass sich die Jenaer Verantwortlichen mit Frank Menz für einen anderen Trainer entschieden haben und nicht getreu dem Motto „Wir sind zusammen aufgestiegen, wir steigen auch zusammen wieder ab“ gehandelt haben?

Wenn man sich für den Trainerjob entscheidet, ist es immer ein Auf und Ab. Man darf in beiden Situationen nicht zu emotional sein und darf die Dinge auch nicht persönlich nehmen. Ich habe aus meiner Sicht ein sehr gutes Verhältnis zu allen Verantwortlichen von Science City, wir sind in Kontakt. Wenn ich in Jena bin, schaue ich auch mal im Büro in der Arena vorbei.

Könnten Sie sich vorstellen, in anderer Position als der des Cheftrainers bei Science City zu arbeiten?

Das ist schwierig. Das kann ich mir nicht vorstellen. Nur als Cheftrainer der ersten Mannschaft. Ich bin drei Mal aufgestiegen, davon zwei Mal mit Jena. Habe ein paar Jahre in der BBL trainiert. Mir ist es wichtig, eine gewisse Kompetenz bei den Vereinen, für die ich arbeite, zu haben.

Ist für Sie irgendwann eine Rückkehr zum Verein vorstellbar?

Auf jeden Fall. Wenn man sieht, was wir in den vergangenen sechs Jahren entwickelt haben, war es trotz des Abstiegs schon etwas Außergewöhnliches. Der absolute Höhepunkt war für mich in der zurückliegenden Saison die Ausrichtung des Final Four in der Jugend und auch der Vizemeistertitel in der Jugend. Und das alles mit einem sehr familiären Weg, was mir immer sehr wichtig war. Wir hatten auch zwei schöne Jahre in der BBL und natürlich die Meisterschaft in der ProA. Dass wir mit den steigenden Budgets in der ersten Liga auch irgendwann einmal wieder runter müssen, war klar. Dass dann alle enttäuscht sind und einer dafür verantwortlich gemacht wird, in der Regel der Trainer, gehört zum Geschäft.

Was wünschen Sie Science City für die Zukunft?

Vor allen Dingen Stabilität und Kontinuität. Und dass das Familiäre nicht verloren geht, das finde ich ganz entscheidend. Ich finde, Jena muss nicht zwangsläufig in die erste Liga aufsteigen. Viel wichtiger ist die Beibehaltung der eigenen Authentizität.