Jena. Das Friedensgebet in der Stadtkirche war am Sonnabend den Opfern rechtsextremistischer Gewalt gewidmet.

Es war ein besonderes Friedensgebet am Sonnabend in der Stadtkirche. Der Jenaer Superintendent Sebastian Neuß richtete einen Appell an die hiesige Politik. Der Stadtrat und alle, die sich für die Geschicke der Stadt einsetzen, mögen dort, wo es um der Menschenfreundlichkeit willen nötig ist, klare Grenzen ziehen. In der Fürbitte bat er darum, alle zu stärken, die sich um eine Kultur des Überzeugens und des geduldigen Gespräches bemühen.

Die Mittagsandacht war am Sonnabend den elf Menschen gewidmet, die in der vergangenen Woche in Hanau ermordet worden waren. Etwa doppelt so viele Menschen wie gewöhnlich fanden sich ein. Zu der dennoch überschaubaren Gruppe gehörten mit Anja Siegesmund (Grüne) und Gudrun Lukin (Linke) auch zwei Landtagsabgeordnete.

Neuß sprach darüber, wie labil der innere Frieden in der Gesellschaft scheint. Sorge mache den Menschen nicht nur, dass Parteien, Regierungen und gewählte Volksvertreter wanken und schwanken. Es gehe vielmehr um die Grundwerte und Grundvereinbarungen, „die ihre scheinbar bedingungslose allgemeine Gültigkeit zu verlieren scheinen.“ Vielmehr als an der Staatskrise leide Thüringen doch an einer Krise der Gesprächskultur und der Umgangsformen, ja an einer Verrohung der Sprache. „Wer Rassismus sät, muss damit rechnen, dass daraus Gewalt wird“, sagte Neuß.

Das Friedensgebet endete mit einem Appell, in der Gesellschaft viel stärker zusammenzurücken und zusammenzustehen und nicht zur Tagesordnung überzugehen, sondern allen Versuchen der Ausgrenzung und Abwertung entschieden zu widerstehen.

Besucher schauten sich im Anschluss die aktuelle Ausstellung an. In der Stadtkirche sind bis April Werke zum Würdebegriff und zum Wirken des Buchenwald-Überlebenden Stéphane Hesse zu sehen. Gestaltet wurde sie von Schülern der Karl-Volkmar-Stoy-Schule und von der Künstlerin Susanne Theumer. Und es wurde über die politischen Ereignisse der letzten Tage gesprochen sowie über die Entschuldigung des Jenaer Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) an die Jenaer, der Kurzzeit-Regierungschef Kemmerich kurz nach der Wahl zu unbedacht gratuliert hatte.