Wie verändern Babyboomer die Stadt Jena?

Thorsten Büker
| Lesedauer: 3 Minuten
Die Verrentung der Babyboomer stellt Jena vor neue Herausforderungen. Wie wird sich die Stadt in den nächsten Jahren verändern?

Die Verrentung der Babyboomer stellt Jena vor neue Herausforderungen. Wie wird sich die Stadt in den nächsten Jahren verändern?

Foto: Tino Zippel

Jena.  Forschende aus Kaiserslautern entwickeln ein datengestütztes System für die Entscheider aus Verwaltung und Politik.

Wie wird sich Jena verändern, wenn die sogenannten Babyboomer das Rentenalter erreichen? Wie können sich Kommunen darauf vorbereiten und die nötigen Versorgungsstrukturen gewährleisten? Forschende aus Kaiserslautern entwickeln ein datengestütztes System, das öffentlichen Akteuren als Entscheidungshilfe in ihren Planungsprozessen dienen soll. Die Stadt Jena wurde als eine von sieben Modellkommunen für das Projekt „Ageing Smart“ ausgewählt.

Der öffentliche Nahverkehr bietet ein gutes Beispiel, denn wie muss das Angebot in Jena aussehen, wenn die Frauen und Männer aus den geburtenstarken Jahrgängen der 1950er und 1960er nach und nach den Arbeitsmarkt in Richtung Ruhestand verlassen und zu Hause sind? Die in den 1950er und 1960er Jahren Geborenen stellen immerhin etwa ein Drittel der heutigen Bevölkerung.

Dies stellt auch Jena vor neue Herausforderungen, zumal über die Wohnwünsche und Ansprüche an Standorte, Mobilität, Einstellungen und Verhaltensweisen der „Babyboomer“ bislang nur wenig bekannt ist. Es dürfte die größte Verrentungswelle sein, nie zuvor erreichten so viele Menschen in so kurzer Zeit das Rentenalter, sagt die Projektleiterin Annette Spellerberg von der Technischen Universität in Kaiserslautern.

Am Montag fiel in Jena der Startschuss: Forschende aus Kaiserslautern haben das Projekt vor Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung sowie weiteren Jenaern Akteuren aus den Bereichen Soziales, Senioren, Stadtentwicklung, Infrastruktur, Wohnen, Geoinformation und Statistik vorgestellt und mit ihnen diskutiert, inwieweit sich die Bedürfnisse der „Babyboomer“ bereits heute zeigen.

3000 Menschen werden befragt

Jena unterstützen die Forschenden mit der Bereitstellung von kommunalen Daten. Zudem werden in den kommenden vier Jahren Befragungen und Workshops sowohl mit Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeitern, lokalen Akteuren, als auch mit Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt. Um mehr über das Alltagsleben, zum Wohnen, Freizeitverhalten und Zukunftsvorstellungen sowie die Bedarfe der Babyboomer und der angrenzenden Geburtsjahrgänge an ihren Wohnorten zu erfahren, ist in Jena im Spätsommer beziebhungsweise Herbst eine schriftliche Befragung von 3000 zufällig ausgewählten Einwohnerinnen und Einwohnern zwischen 50 und 75 Jahren geplant.

Die Forschenden kooperieren dabei mit sieben Modellkommunen aus unterschiedlichen Siedlungsräumen. Neben den Städten Mannheim und Kaiserslautern (urbane Räume), der Verbandsgemeinde Nieder-Olm und der Gemeinde Remshalden (suburbane Räume) sowie dem Geisaer Land und der Verbandsgemeinde Kusel-Altenglan (ländliche Räume) wurde die Stadt Jena als eine Modellkommune anhand struktureller Daten ausgewählt. „Zwischen 1955 und 1969 verlief die Entwicklung in Ost und West sehr ähnlich“, sagt Spellerberg . Ziel des Projektes ist, für Verwaltung und Politik ein intuitiv nutzbares, digitales System zu entwickeln, mit dessen Hilfe Infrastrukturen und Dienstleistungen nachfragegerecht und zukunftsorientiert geplant werden können. In dem interdisziplinären Forschungsprojekt arbeiten zehn Professorinnen und Professoren sowie 18 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Disziplinen Raumplanung, Stadtsoziologie, Klimatologie, Informatik und Mathematik zusammen.

Das Forschungsprojekt wird seit April 2021 über einen Zeitraum von fünf Jahren von der Carl-Zeiss-Stiftung mit rund 4,3 Mio. Euro gefördert.