Erfurt. Der Präsident der Erfurter Handwerkskammer will angesichts voller Auftragsbücher alle Potenziale erschließen. Er plädiert dafür, auch Einwanderer besser auszubilden.

Das Handwerk engagiert sich überdurchschnittlich bei der Integration von Einwanderern. „Die Hälfte aller neu eingestellten Beschäftigten mit Migrationshintergrund hat eine Stelle in einem Handwerksunternehmen angetreten“, berichtet der Präsident der Handwerkskammer Erfurt, Stefan Lobenstein.

Die Zahl der Asylbewerber ist seinen Angaben zufolge in den ersten vier Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum wieder um 15 Prozent angestiegen. „Die meisten Menschen kamen dabei aus Venezuela“, sagte Lobenstein.

Anders als in den Vorjahren nutzten die Asylbewerber reguläre Wege um nach Deutschland und Thüringen zu gelangen, sie kämen vor allem aus Südamerika und vom Westbalkan.

Das Thüringer Handwerk sei auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen, versicherte Lobenstein. Während man in Deutschland vielerorts von einer „konjunkturellen Delle“ höre, stehe das Handwerk hierzulande unverändert „unter Volldampf“.

Brücken in neue Märkte schlagen

„Um die Lücke bei den dringend benötigten Fachkräften zu schließen, müssen wir alle Potenziale erschließen“, so Lobenstein. Immerhin sei die Hälfte der ins Land gekommenen Flüchtlinge jünger als 25 Jahre und habe das Arbeitsleben noch vor sich. „Diese Menschen suchen nach einer Zukunftsperspektive, die wir ihnen bieten können“, mahnte Lobenstein eine Willkommenskultur in Thüringen an.

Ausländische Arbeiter sollen aus der Gruppe der Geflüchteten, Menschen aus EU-Staaten und aus Drittstaaten rekrutiert werden – und sie sollten mehr sein als Hilfskräfte. Um sie als Fachkräfte gut in die Betriebe integrieren zu können, müsse auf Qualifikation gesetzt werden. „Sie können eine duale Ausbildung absolvieren, ihre bisherigen Qualifikationen anerkennen oder sich nachqualifizieren lassen. In jedem Fall müssen sie Sprachkenntnisse erwerben“, so Lobenstein.

Die Unternehmen profitierten von den Fachkräften mit praktischen Erfahrungen und könnten dank des Wissens und Könnens der internationalen Beschäftigten Brücken in neue Märkte schlagen, versicherte Kirstin von Graefe von der Thüringer Agentur für Fachkräfte. Allerdings müsse man Unternehmen gewinnen, die im Anerkennungsprozess unterstützen“, so von Graefe.

Dabei will die Handwerkskammer Erfurt beratend zur Seite stehen. Mitarbeiterin Gabriele Schaub stellte das Projekt „Unternehmen Berufsanerkennung“ vor, das Betriebe im Anerkennungsprozess unterstützt. Sogenannte Betriebslotsen beraten und begleiten die Unternehmen intensiv, berichtete Schaub beim „Café International“, das zum zweiten Mal im Jazzkeller Erfurt stattfand. Nach der Premiere im Februar wurde diese Veranstaltungsreihe fortgesetzt.