Champagney. Am Wochenende stattet der Arnstädter der Tour de France einen Besuch ab – aber nur als TV-Gast.

Marcel Kittel unternahm Radtouren durch den Thüringer Wald, hatte viel Zeit für seine schwangere Lebenspartnerin Tess von Piekartz, er genoss den Abstand zum Profiradsport. Am Wochenende aber kehrt der 31-Jährige zwei Jahre nach seinem letzten Etappensieg zu dem Rennen zurück, das ihn zum internationalen Star gemacht hat: Kittel wird als Gast der ARD die 106. Tour de France besuchen – und die Branche wartet gespannt, ob er Neuigkeiten im Gepäck hat.

Noch hat Kittel nicht entschieden, wie es für ihn weitergehen wird. Gibt es ein Comeback oder nicht? Im Moment sind beide Varianten möglich. Der Arnstädter muss für sich vor allem die Frage nach der Motivation beantworten. Ist der deutsche Top-Sprinter der letzten Jahre noch einmal dazu bereit, alle Entbehrungen auf sich zu nehmen, um wieder Rennen gewinnen zu können?

Fraglos würden es einige Teams als reizvoll empfinden, ihn auf dem Weg zurück zu begleiten. Die niederländische Mannschaft Jumbo-Visma mit Kittels Freund Tony Martin hat diese Absicht offen kundgetan. Und auch wenn sich Kittel dort als Sprinter Nummer zwei hinter dem Niederländer Dylan Groenewegen einreihen müsste, er käme in ein offenkundig sehr stimmiges Gebilde.

Martin hat die gute Atmos­phäre immer wieder hervorgehoben, die Erfolge bei der diesjährigen Tour mit zwei Tagessiegen und dem zwischenzeitlichen Gelben Trikot für Mike Teunissen sprechen zudem für sich. „Es würde mir Spaß machen, wieder mit ihm zu fahren“, sagte Martin zuletzt über Kittel.

Ein entscheidender Faktor könnte Jumbo-Sportdirektor Merijn Zeeman sein. Der Niederländer erkannte einst die außergewöhnliche Sprintbegabung Kittels und förderte sie konsequent. Zeeman traut Kittel die Rückkehr in die Weltklasse zu und sagte bei Cyclingnews.com: „Körperlich schafft er das. Die Frage ist, ob er dasselbe Feuer in sich hat. Nur Marcel selbst kann diese Frage beantworten.“

Das Feuer war zuletzt erloschen, die andauernden Querelen und Unstimmigkeiten im Team Katusha-Alpecin hatten Kittel so zugesetzt, dass er im Mai die Reißleine zog und seinen Vertrag auflöste. Er brauchte dringend eine Auszeit. Öffentlich entflammt war der Disput bei der Tour 2018, als Kittel von Katusha-Sportdirektor Dmitri Konyschew heftig kritisiert worden war. Trotz wiederholter Absichtserklärungen beruhigte sich die Situation nicht mehr. Die Trennung war alternativlos. „Ich würde mich freuen, ihn wieder auf der Rennstrecke zu sehen“, sagte Ex-Teamkollege Rick Zabel unlängst.

Vielmehr wird er bei seinem Tour-Besuch mit schönen Erinnerungen konfrontiert. Die Stippvisite startet fast auf den Tag genau zwei Jahre nach seinem letzten Tour-Etappensieg. Am 12. Juli 2017 bejubelte Kittel seinen insgesamt 14. Tageserfolg bei der Frankreich-Rundfahrt, es war der fünfte bei der damaligen Großen Schleife. Ob Kittel Momente wie diese noch einmal aufleben lassen will, liegt jetzt in seinen Händen.