Frank Quilitzsch empfiehlt, auch mal im Wald zu baden.

Die belebende Kraft des Waldes habe ich schon als Kind gespürt. Ich erinnere mich an Ausflüge mit den Eltern in den Stadtwald bei Halle, an harzige Luft, weiche Kiefernnadeln unter den Füßen und grüne Waldmeisterbrause. Die Dübener Heide, durch die ich mit den Großeltern radelte, lockte mit Pfifferlingen und Heidelbeeren. Beim Suchen tauchten wir ein in die grüne Baumdämmerung. War das Waldbaden?

Den Begriff kannten wir nicht. Wir waren einfach im Wald. Jetzt lese ich von Waldauszeiten, die ich mir nehmen soll, von Atem- und Entspannungsübungen unter alten Baumriesen, die mir Kraft spenden und mein Immunsystem stärken. „Bist du noch in Balance?“, fragt Steigerwald-Försterin Steffi Klein auf einem Thüringen-Forst-Flyer.

Vor einem Jahr meldete ich mich bei ihr zum Gruppenbad an und erfuhr, dass ich der einzige Teilnehmer bin. Mindestens sechs Leute seien nötig. Als ich die zusammen hatte, bremste uns der Lockdown aus. Vielleicht nächstes Jahr, wenn die Pandemie überwunden sein wird, vertröstete mich die Waldbademeisterin.

Kann ich meine Balance nicht auch allein finden? Im Netz wimmelt es von Badeanleitungen:

1. Suche den passenden Wald, wo du nicht viele Menschen triffst (in Thüringen haben wir genug davon, man muss nicht weit fahren);

2. Lass dein Smartphone zu Hause (ich besitze gar keins);

3. Nimm dir Zeit, schließe die Augen und genieße die Stille (ganz still ist es nicht, ich höre das Rauschen der Blätter, das Klopfen eines Spechts und das Zwitschern der Vögel, doch das ist Balsam für meine Ohren);

4. Atme bewusst ein und aus (die ungewohnte Sauerstoffdusche wirkt berauschend, viel besser als ein Joint);

5. Nimm den Wald wahr und versuche, ein Teil von ihm zu werden (jetzt komme ich tatsächlich zur Ruhe, doch was bedeutet dieses Kribbeln in meinen Zehen – schlage ich schon Wurzeln?)