Frank Quilitzsch über den Erfurter Kinderzirkus „Piccolino“

Hurra, der Zirkus ist da! Als Kinder liefen wir, wenn die Zirkuswagen in die Stadt rollten, dem Tross fröhlich entgegen. Wir konnten es kaum erwarten, bis dass das Zelt aufgestellt war und sich die Manege öffnete. Und wenn dann unter großem Rum-Ta-Ta die Clowns und Artisten einmarschierten, hüpfte unser Herz bis an die Decke.

Das habe ich jetzt wieder erlebt, ein paar Nummern kleiner zwar, doch nicht weniger intensiv.

Wer einmal durch Erfurts Venedig gelaufen ist, hat bestimmt das Zelt unter den Kastanien gesehen. Es steht dort gefühlt schon immer, doch meistens ist es geschlossen. „Kinderzirkus Piccolino“ verheißt ein Schild über dem Eingang. Einmal in der Woche öffnet sich die Plane einen Spaltbreit, immer dann, wenn die Kinder proben. Doch jetzt war große Gala! Die Zirkus-Hochzeit des Jahres!

13 junge und jung gebliebene Akteure präsentierten am Wochenende die Höhepunkte der letzten zehn aufregenden Zirkusjahre. Vier Vorstellungen an zwei Tagen – und alle ausverkauft! Wer eine Karte ergattern konnte, erlebte die neun- bis siebzehnjährigen Artisten jonglierend mit Bällen, Ringen und Keulen, hangelnd an Bändern und schwingend auf dem Trapez. Wie sie von „Es war einmal“ bis „Wir heben ab“ ein Best-of ihrer und ihrer Vorgänger Arbeiten präsentierten. Sie heißen Lina, Wanda, Ella, Hannah, Sophia, Riana, Martha, Paula, Natalia, Pauline und Ben. Selbst Zirkusdirektorin Lisa und Assistentin Laura turnen und schweben munter mit.

Schade, dass wegen Corona nur jeweils 50 Zuschauer die Vorstellungen besuchen konnten. Aber viele Hundert kamen bei dem herrlichen Wetter am Zelt vorbei, blieben, von Musik und Beifall überrascht, staunend einen Moment lang stehen und erlebten: ein wunderbares Stück Normalität.

Diese Zirkuskinder hätten einen Preis der Stadt Erfurt verdient. Sie zeigen, wie Gemeinsinn, Kreativität und Schönheit selbst in Pandemiezeiten erblühen. Wie Kinder und Eltern, Enkel und Großeltern und andere Zirkusfreunde trotz Abstand miteinander feiern. Hoch lebe „Piccolino“! Das Kontrastprogramm zum allnächtlichen Saufen und Grölen seelisch vergreister junger Leute am Ufer der Gera.