Eisenach. Beim Kulturcafé im Theater gab es erste Ideen, wohin sich die Musikstadt entwickeln soll.

Überrascht waren die Gäste schon, als Kulturamtsleiter Achim Heidenreich sie beim Kulturcafé zum Thema „Musikstadt Eisenach“ am Donnerstag im Landestheater direkt in die Pflicht nahm, sie sollten in Arbeitsgruppen jetzt gleich erste Ideen für ein Leitbild einwerfen.

Gekommen waren interessierte Bürger ebenso wie Künstler, Vereinsmitglieder, Vertreter von Schulen und Theater-Akteure. Mancher von ihnen kennt die leidige Diskussion um ein Leitbild in Eisenach seit 15 Jahren. Nun der neue Vorstoß aus dem Kulturamt, der laut Achim Heidenreich vor allem eines bewirken soll, dass die Kulturschaffenden aktiv miteinbezogen werden in diesen Prozess. Der Überraschungseffekt sei gewollt gewesen, erklärt er.

Das von den politischen Gremien verabschiedete, extern erarbeitete Kulturentwicklungskonzept 2025 soll die Basis sein, auf der nun eigene Ziele definiert werden sollen. Heidenreich will ein kulturelles Leitbild aus „der eigenen Mitte“, um ein neues Klima zwischen Stadt und sämtlichen Akteuren der Kulturszene zu erwirken.

Er selbst, so vermittelt er es im Gespräch mit unserer Zeitung, sieht sich als Dienstleister und Vordenker, er fordert jedoch aktives Einbringen der Künstler vor allem in der freien Szene ein. Da sieht er Nachholbedarf. Er verwies in der Veranstaltung sehr deutlich auf die Chancen von Vernetzung.

In den spontan gebildeten Arbeitsgruppen sollten sich die Teilnehmer über folgende Fragen verständigen. Wer sind wir? Was wollen wir und wo wollen wir in 2025 in Westthüringen und Eisenach sein? Sie diskutierten dann, an manchen Tischen sehr rege, bei Kaffee und Kuchen, erste Ideen, die sie eine halbe Stunde später vorstellten.

Bemängelt wurde, dass es keine wirkliche Jugendszene in Eisenach gibt. Hier müsse die Stadt dringend etwas tun, um diese Altersgruppe mehr in die Musikszene zu etablieren. Da tauchten Ideen auf, wie die Gründung eines Studentenclubs ebenso wie das Bereitstellen von Räumen als Treffpunkt für die Jugend. Andere wie Kulturwissenschaftlerin Juliane Stückrad und Theaterintendant Andris Plucis möchten, dass Eisenach kulturpolitisch im Land mehr Gewicht bekommt, der Theaterstandort bis 2025 den Mehrspartengedanken wieder ausbauen und eigene Opernproduktionen auf die Bühne bringen kann.

Musikwissenschaftlerin Helen Geyer, die Künstlerin Marion Schmidt-Werthern, Bachhaus-Chef Jörg Hansen und Schloss-Verwalterin Andrea Walter erklärten, es sei erst einmal wichtig, Eisenach überhaupt bekannt zu machen. Sie konstatierten in ihrer gegenwärtigen Einschätzung „Eisenach ist unbekannt.“ Bis 2025, so Vorschläge aus ihrer Runde, könnte Eisenach Festspielstadt mit entsprechender Baulichkeit werden, musikalische Kur- und Stadtparkkonzerte geben, ein eigenständiges Kulturhaus bauen, ein Fest der Musik veranstalten oder eine Salonkultur auf den Weg bringen.

Musikschulleiterin Sylvia Löchner bescheinigte als Sprecherin ihrer Arbeitsgruppe Eisenach eine „hochkarätige Konzertszene“. Doch die Veranstaltungen seien kaum städtisch, sondern oft von privaten Vereinen und Akteuren organisiert.

Heidenreich erklärte nach der ersten Vorstellung, dass es ihm wichtig ist, dass die Gruppen institutionsunabhängig Vorschläge unterbreiten. „Sie sollen nicht nur an sich denken“, gab er am Donnerstag für die nächste Gesprächsrunde mit auf den Weg.

Auf Nachfrage von Jörg Hansen stellte der Amtsleiter klar, dass es ihm nicht um ein Außen-Leitbild geht, sondern um ein Zusammenfinden der kulturellen Akteure vor Ort und ihr gemeinsames Verständnis, wohin sich die Stadt entwickeln will. Die Aussage erneuerte in Teilen der Runde den Willen zum Aufbau einer Jugend- und Subkultur. Intendant Plucis pflichtete sofort bei: „Es ist eindeutig eines der größten Mankos, dass wir für junge Menschen keinen Ort der Energie haben.“