Silke Opitz erzählt in ihrem neuen Kinderbuch von einem besonderen Kater und erklärt nebenbei die Grundlagen der Kunst- und Gestaltungsschule.

Bauhaus-Kater Fritzie“ heißt das neue Kinderbuch der Kunsthistorikerin und Kuratorin Silke Opitz,die in Erfurt arbeitet und in Weimar lebt. Wenige Monate nach Erscheinen in diesem Jahr war die Auflage vergriffen, sodass eine zweite nachgedruckt werden musste. Außerdem hat der Verein für Leseförderung das Buch als Patenbuch für den Jugendsachbuchpreis 2019 nominiert. Ein Gespräch mit der Autorin über Katzen in der Realität und in der Kunst, warum man manchmal seinem Affen Zucker geben muss und wie man eine französische Illustratorin versteht, auch wenn man der Sprache nicht mächtig ist.

Frau Opitz, Jubiläumsjahre bringen immer auch Bücherfluten hervor. Das war in diesem Jahr mit der Bauhaus-Gründung vor 100 Jahren nicht anders. Die Fülle ist ermüdend, die Ehrfurcht auch. Warum mussten Sie mit „Bauhaus-Kater Fritzie“ auch ein Buch zum Jubiläum schreiben?

Im Jahr 2011 ist mein erstes Kinderbuch „Stromausfall im Bauhaus“ erschienen. Es war schnell vergriffen, sodass ich vor dem 100. Jubiläum dachte, man könnte eine neue Auflage herausbringen. Inzwischen gab es aber den Verlag nicht mehr, ich wandte mich also an andere Verlage. Das Echo auf das Buch war immer positiv, aber die Umsetzung galt als zu aufwendig und zu teuer. Also entschloss ich mich, ein neues zu schreiben: „Bauhaus-Kater Fritzie“. Ich wollte Kindern die Kunst- und Gestaltungsschule nahebringen.

Silke Opitz hat ein Kinderbuch über das Bauhaus geschrieben.
Silke Opitz hat ein Kinderbuch über das Bauhaus geschrieben. © Elena Rauch | Elena Rauch

Sie tun ja in Ihrem eigentlichen Beruf als Kunsthistorikerin und Kuratorin ernsthafte Dinge: Kunstausstellungen vorbereiten, Katalogtexte und wissenschaftliche Aufsätze schreiben. Konnten Sie mit der Entscheidung, Kater Fritzie zum Helden Ihres Buches zu machen, Ihrem Affen mal ordentlich Zucker geben?

Ja, das ist schon so (lacht). Als Kunsthistorikerin muss ich die Dinge erkunden, beschreiben und analysieren; das braucht eine klare, sachliche Sprache. Humor aber ist in unserer Branche Mangelware. Damit, oder zumindest mit einer gewissen Leichtigkeit, erreicht man viel mehr Leute. Man muss nur für die Inhalte eine entsprechende Form finden.

Was hat die Hauptfigur Ihres Buches, der Kater Fritzie, mit dem Bauhaus zu tun?

Fritzie, der sozusagen mit vollem Namen Fripouille hieß (aus dem Französischen übersetzt, bedeutet es „Strolch“), war der Kater Paul Klees und seiner Familie. Mit der Familie ist er 1921 von München nach Weimar umgezogen.

In Ihrem Buch gibt es ein Foto von dem „echten“ Fritzie und das wunderbare Kapitel „Katerfakten oder Cat Content“. Darin erfährt man, dass Fritzie ein besonderer Kater war.

Ja, ein Elternteil stammte von Wildkatzen ab, daher war er groß und schwer. Fritzie war der wichtigste unter den Klee-Katern; das belegen Briefe und Erinnerungen. Ich habe diese Quellen gelesen und so bin ich auf ihn gestoßen. Das Besondere an ihm war das Gesetzte: Paul Klee sprach mit ihm und Fritzie „antwortete“. Er war ein Tabbykater mit sphinxhaften Zügen.

In der Malereiwerkstatt entdeckt Fritzie die Farben. Danach stecken ihn die Bauhäusler erst einmal unter den Wasserhahn.
In der Malereiwerkstatt entdeckt Fritzie die Farben. Danach stecken ihn die Bauhäusler erst einmal unter den Wasserhahn. © Mylene Rigaudie/Revolver PublishinG

Ihr Buch-Kater dagegen ist ein kleiner, unternehmungslustiger Kater, der die Bauhaus-Werkstätten erkundet. Warum?

Ich dachte, ein Kater ist für Mädchen wie für Jungen eine identitätsstiftende Figur. Für das Buch schien mir aber dieses mächtige Tier, das der echte Fritzie war, nicht geeignet. Im Austausch mit der Illustratorin Mylène Rigaudie – sie lebt im französischen Angoulême, bekannt als Stadt des Comics – beschlossen wir, Fritzie zu verjüngen. Ein junger Kater ist frecher und erlebt mehr.

Hat Mylène Rigaudie die Bilder abgemalt, die Sie als Autorin im Kopf hatten?

Nein. Ich lieferte ihr das Fotomaterial, weil mir die historische Genauigkeit wichtig war: die Villa am Horn in Weimar, in der die Familie Klee ihre Wohnung hatte, das Treppenhaus des Bauhauses, das Direktorenzimmer von Walter Gropius, die Bauhaus-Wiege sowie andere Objekte und Produkte der Bauhäusler zum Beispiel. Und natürlich Fotos von Fritzie. Was Mylène Rigaudie visuell daraus gemacht hat, finde ich großartig. Und richtig rund wurde das Buch dann durch die wunderbar dezente und sensibel eingesetzte Typografie der Schweizerin Andrea Peter.

Für Fritzie ist das Bauhaus eine herrliche Spielwiese. Sie erzählen aber mehr!?

Mir ging es vor allem darum, die Grundlagen zu vermitteln: die Farben rot, gelb, blau und die Formen des Bauhauses. Darüber hinaus wollte ich zeigen, was die Gemeinschaft zusammenhielt, gemeinsames Essen und Feiern hatten eine große Bedeutung. Mein Buch ist keine Bauhaus-Fibel, ich wollte erzählen, was das Bauhaus war. Wertfrei, nicht ultimativ.

Nun ist die erste Auflage vergriffen und das Buch war als Patenbuch für den Jugendsachbuchpreis des Vereins für Leseförderung in diesem Jahr nominiert. Warum ist das Buch Ihrer Ansicht nach so erfolgreich?

Ich war erfreut und erstaunt, dass es für den Preis nominiert ist; es ist ja nicht nur ein Sachbuch für Vorschulkinder und Erstleser. „Bauhaus-Kater Fritzie“ ist Bilder-, Kunst- und Kinderbuch in einem, eine Hybride also. Offenbar spricht es Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene an; die Illustrationen von Mylène Rigaudie spielen dabei eine wichtige Rolle. Bauhaus-Kenner haben zusätzlich ihren Spaß an Anspielungen und Hintergründen. Wer etwa das Walter Gropius zugeschriebene Zitat „Bunt ist meine Lieblingsfarbe“ kennt, findet im Fritzie-Buch die Quelle dafür.

Ein Bauhauskater in der Kunsthalle Erfurt

Lesung am Donnerstag, 12. Dezember, 18 Uhr, Weimar, Bauhausatelier, Geschwister-Scholl-Straße 8