Frank Quilitzsch findet die Homeoffice-Welt verwirrend.

"Sag mir, wo du stehst", sang einst das Oberhaupt der DDR- Singebewegung, Hartmut König. "Sag mir, wo du stehst und welchen Weg du gehst!"

Da war die Welt noch überschaubar. Hier standen wir, und dort, hinter der Grenze, stand der "Klassenfeind". Er lauerte auch in den eigenen Reihen, weshalb man bei jeder Gelegenheit seinen Standpunkt bekräftigen sollte.

Heute ist alles anders. Zwar ist die ideologische Firewall gefallen, doch wer blickt noch durch? Es wird immer schwieriger, News und Fake-News, Wahrheit und Lüge zu unterschieden. Und woran erkennt man, ob jemand aus der Nachbarwohnung oder von den Fidschi-Inseln anruft?

Ich sitze im Homeoffice und mustere meine Kollegen in der Videokonferenz. Wenn die Verbindung stabil ist, sehe ich, wo sich ein Bauchansatz wölbt und wer sich seine Haarsträhnen aus dem Gesicht wischen muss.

Doch sitzen wirklich alle daheim oder im Büro? Hinter Markus wölbt sich ein karibischer Meeresstrand. Tino sitzt vor einer Hochhauskaskade. Sascha kämpft mit Schalke auf dem Fußballfeld, und Sylvia schwebt in rosa Wolken. Die Chefredakteure blicken durch ein Bullauge oder aus einem blau-weißen Farngebüsch auf mich.

Da wollte ich nicht als einziger in meinem Arbeitszimmer sitzen bleiben und habe gefragt, wie sie das machen. Ein Kinderspiel! Drei Mausklicks später hatte auch ich mein Wohlfühl-Hintergrundbild. Seitdem schwimme ich bei unseren Besprechungen zwischen Fischen und Quallen im meergrünen Aquarium.

Jedenfalls gaukelt es mir mein Kontrollbild so vor. Die Computersoftware macht, dass meine Konturen zerfließen, und sobald ich mich bewege, ziehe ich einen Schweif Luftbläschen hinter mir her. Ich finde, das ist ein schönes Bild, weil es zeigt, wie leicht wir uns im Virtuellen auflösen und verlieren können.