Goethes Gedichte über Liebe und Religion hat der Jenaer Literaturwissenschaftler Dirk von Petersdorff neu entdeckt.

Eine moderne Sicht auf Goethes Gedichte entwirft der Jenaer Literaturwissenschaftler Dirk von Petersdorff. Entstanden ist das Buch in zwei Forschungssemestern, inspiriert wurde es zudem von Wanderungen von den Dornburger Schlössern nach Jena. Am Ende liegt nun nicht einfach eine Neu-Interpretation der Gedichte vor, sondern eher eine frische Übersetzung der antiquierten Sprache Goethes, die uns heute mitunter so fern erscheint.

Der Titel des Buches lässt es schon ahnen: Im Mittelpunkt stehen Gedichte über Liebe und Religion.

Natürlich ist die Liebe spannender als das Verhältnis zu den Göttern. Denn da geht es zum Beispiel um die umstrittene Auslegung des Gedichtes „Heidenröslein“ in seiner angeblich sexuellen Brutalität. Unser veränderter Blick auf dieses Lied, so der Autor, geht demnach aus einem Wandel der Geschlechterverhältnisse und der moralischen Orientierung der letzten Jahrzehnte hervor. Bei den freizügigen „Römischen Elegien“ verwendet Petersdorff für die beschriebene Zweierbeziehung gleich die Begriffe Affäre, Verhältnis, Abenteuer, Romane. „Von einer Partnerschaft würde man nicht sprechen“, denn in dieser Konstellation seien Mann und Frau nicht gerade füreinander bestimmt: Zumindest möchte man mit diesem Menschen nicht das Leben teilen. Dirk von Petersdorff resümiert: „Diese höchst unterschiedlichen Formen der Liebe konnte Goethe darstellen, und zwar lyrisch, das heißt so, dass die Leser sie von innen miterleben können.“

So wird uns der Dichter wieder näher gebracht: „Freiheit erscheint in Goethes Gedichten als Antrieb, sich auf eine Suche . . . nach einer richtigen Lebens- und Liebesform zu begeben, die aber beide nicht oder nur zeitweise und wieder neu gefunden werden.“

Dirk von Petersdorff: Und lieben, Götter, welch ein Glück. Wallstein Verlag, 272 Seiten, 20 Euro